Ursina Lardi im Gespräch

"Du bist dran"

Ursina Lardi im Gespräch

Ursina Lardi wurde im schweizerischen Samedan geboren und ist vor allem in Deutschland tätig. 2006 erhielt sie den Preis des Eliette-von-Karajan-Kulturfonds für ihr Theaterwirken an zahlreichen bedeutenden Bühnen Deutschlands, so auch an der Berliner Schaubühne. 2013 erhielt Ursina Lardi eine Nominierung für den Deutschen Schauspielerpreis als beste Nebendarstellerin.

Du bist dran

Hauptdarstellerin Ursina Lardi
© WDR/Oliver Feist

Sie und Lars Eidinger kennen sich schon seit einer ganzen Weile. Hat das beim Dreh geholfen?

Lardi: Wenn man ein Ehepaar spielt, das schon lange zusammenlebt, ist es schön, wenn man sich tatsächlich schon sehr lange kennt. Das hilft ungemein, denn diese Vertrautheit kann man nur in den seltensten Fällen erspielen. Lars und ich kennen uns schon seit der Schauspielschule. Ich war zwei Jahrgangsstufen über ihm. Ich bin ja älter als er, deutlich älter, wie er immer betont (lacht).

Was hat sie dazu bewogen, die Elisabeth zu spielen?

In diesem Fall war es einfach die Regisseurin. Ich hätte mit Sylke Enders auch jeden anderen Film gedreht.

Warum?

Weil sie gut ist! Weil sie klug, klar, eigenwillig ist. Sie hat ihren eigenen Kopf. Das gefällt mir. Ich mag auch, wie sie schreibt.

Ist der Konflikt zwischen den Eheleuten nur auf den so genannten Rollentausch zurückzuführen?

Ich glaube, das hat einfach damit zu tun, dass der eine Partner sehr viel von dem in die Tat umsetzen kann, was er sich wünscht, und der andere eben nicht. Darin liegt das Konfliktpotenzial. Das mit dem Rollentausch – ist die Rolle, die Peter spielt, jetzt männlich oder eher nicht männlich? – , das hat mich immer weniger interessiert. Es ist ja mehr etwas, was von der Außenwelt reinstrahlt.

Handelt Elisabeth denn immer richtig?

Bei einem Beziehungskonflikt ist es gewiss so, dass beide ihren Anteil haben. Nur bin ich der Meinung, dass jeder erwachsene Mensch, der psychisch einigermaßen gesund ist und nicht in existenzbedrohender Armut lebt, für sein Glück selber verantwortlich ist. Und wenn Peter in seiner Lebenssituation nicht glücklich ist, dann muss er sie eben ändern. Ich glaube, das würde Elisabeth sehr ähnlich formulieren.

Ich hatte sie tatsächlich gerade vor mir.

Nicht wahr? Natürlich macht sie auch Fehler. Natürlich ist es unelegant und sicher nicht schön, ihm nicht sofort von diesem Job-Angebot in Afrika zu erzählen. Für sie erfüllt sich da ein Traum. Und sie weiß, dass das für Peter nicht ein Traum ist. Sicherlich überlegt sie, wie sie ihm davon erzählen soll, sicherlich will sie den richtigen Moment abpassen. Dass da auch noch ein bisschen Feigheit hinzukommt und auch Hilflosigkeit gegenüber dieser Situation, in der sie steckt und die ihr auch ein schlechtes Gewissen macht, dafür habe ich Verständnis.

Peter hält ihr vor, sie habe keinen Respekt vor ihm. Dagegen spricht, dass sie sich nicht von ihm trennen will.

Sie will sich überhaupt nicht trennen! Aber natürlich ist das eine Belastung, wenn Du mit einem lebst, der einfach unzufrieden ist. Das ist nicht sexy. Ich kann sehr gut verstehen, dass Elisabeth das nicht besonders attraktiv findet. Dass er das gleich als Mangel an Respekt und Achtung interpretiert, das ist wieder seine Perspektive.

Die des Opfers...

Elisabeth ist sicherlich selbstbewusst und zielorientiert, aber sie ist kein Tyrann, sie zwingt Peter keine Lebensweise auf und unterdrückt ihn nicht. Er ist nicht wehrlos.

Peters Vater sagt im Film über seine Ehe mit Peters Mutter etwas ganz Ähnliches: Es sei nicht leicht mit jemandem zu leben, der so unzufrieden ist.

Ja, da spiegelt sich ja auch etwas.

Über Peters Vorgeschichte erfährt man so einiges. Haben Sie sich auch Gedanken über die Vorgeschichte Ihrer Figur gemacht?

Ich lege mir da eigentlich sehr selten etwas zurecht. Ich nehme einfach meine Geschichte mit und entferne mich so wenig von mir, wie es gerade geht.

Ist es das, was Sylke Enders meint, wenn sie sagt, sie sei bei ihren Schauspielern weniger am Spielen als vielmehr am Sein interessiert?

Absolut. Man bleibt sich selbst so nah, wie es geht.

Sie sind selbst Mutter. Wie war denn der Dreh mit Ihren Filmkindern?

Bei den allermeisten Kindern ist es so, dass sie nach zwei, drei Tagen keine Lust mehr haben. Und das kann man ihnen auch nicht übelnehmen: Für sie ist so ein Dreh überraschend langweilig, sie erwarten da etwas ganz anderes. Für uns erwachsene Schauspieler bedeutet das wiederum, dass nach zwei, drei Tagen zur Schauspielkunst auch noch die Animationskunst hinzukommen muss – man muss die Kinder bei Laune halten. Das war hier nicht anders als anderswo, das ist einfach normal bei Kindern. Das Schöne bei einem Dreh mit Kindern ist, dass sie einen ständig überraschen und man immer wieder frisch auf sie reagieren muss.

Ist das immer so?

Nur wenn es gut läuft und die Kinder gut sind, und das waren sie ja hier. Und den Animationsteil, den hat der Lars Eidinger übernommen. Das kann er spitzenmäßig.

Stand: 10.07.2013, 15.00 Uhr