Fragen an Maj-Britt Klenke

Maj-Britt Klenke spielt Jette

Fragen an Maj-Britt Klenke

FilmMittwoch im Ersten, 27. Mai 2020, um 20.15 Uhr

Jette (Maj-Britt Klenke)
© WDR/Sutor Kolonko

Sie sind in Ihrer ersten Hauptrolle zu sehen. Und dann war es gleich ein so besonderer Dreh eines Autorenlms von Ulrich Köhler und Henner Winckler. Können Sie den Prozess vom Casting bis zu den ersten Drehtagen einmal beschreiben?

Das war in der Tat relativ abenteuerlich. Es war so, dass die Schauspielerin für die Rolle der „Jette“ im Besitz eines Führerscheines sein musste, es sollte viele Fahrszenen geben. Als Stadtkind habe ich das immer auf die lange Bank geschoben, hatte aber, als es zum ersten Casting ging, zufällig gerade mit der Fahrschule begonnen. Die ersten Castings liefen ganz gut, aber das mit dem Führerschein war für Henner und Uli schon ein Thema. Ich habe sie dann davon überzeugen können, dass ich rechtzeitig zu Drehbeginn den Führerschein haben würde. Es kam dann die Zusage für den Film und ich habe die nächsten Monate geackert, habe zum Glück alle Prüfungen auf Anhieb bestanden und hatte somit zehn Tage vor Drehbeginn den Schein in der Tasche. Im Vorfeld zum Dreh gab es Probentage an den Motiven. Sebastian, Thomas und ich haben von den beiden ein Treatment bekommen, keine fertigen Szenen, womit wir dann improvisiert haben. Diese Dialoge und Texte sind zum Teil mit ins Drehbuch eingeossen – eine sehr tolle Art zu arbeiten, nde ich.

Der Film lief schon in einigen Programmkinos und in Locarno. Wie war es, sich plötzlich auf der ganz großen Kino-Leinwand zu sehen?

Wenn man für sich selbst so ein Szenario durchspielt, „wie wäre das, wie wird das sein“, fühlt es sich aufregend an, aber in der Realität war es für mich gar nicht mal so erhebend, ich hatte viele Schweißausbrüche in Locarno, aber nicht nur, weil es so heiß war. Bei den ersten Screenings war ich nicht so glücklich und hab permanent geprüft, ob ich da aus schauspielerischer Sicht gerade die „richtigen“ Entscheidungen treffe. An manchen Stellen im Film geht mir das nach wie vor so, aber es wird besser und ich sehe auch, dass ich da einiges ganz gut hinbekommen habe. Das ist der Unterschied zum Theater: Wenn ich auf der Bühne stehe, habe ich immer das Gefühl, dass ich, über den ganzen Abend gesehen, ausgleichen kann, wenn mir etwas nicht gelingt. Wohingegen man beim Film nur dasitzen kann und hoffentlich zufrieden mit sich ist. Und mit dem Film!

Jette scheint zwischen allen Stühlen zu sitzen. Wie würden Sie ihre Zerrissenheit beschreiben?

Sie bendet sich ja mehr oder weniger in einem Spannungsfeld zwischen den zwei wichtigsten Menschen in ihrem Leben, auf der einen Seite ihr Vater, auf der anderen Seite ihr Freund. Die beide völlig konträre Dinge von ihr wollen. Und da fängt das Problem an: Es wird an allen Ecken und Enden gezogen. Für Jette ist das wahnsinnig aufreibend. Und würde sich dieses Spannungsfeld auösen, würde alles ganz anders werden. Sie wäre auf sich selbst zurückgeworfen, ein Gedanke, der berechtigterweise Angst machen kann. Als Spielaufgabe ist das allerdings toll. Das auszuloten hat mir große Freude gemacht.

Rebellion gegen die Eltern ist für die „Generation Z“ nicht einfach. Inwieweit ist Jettes Geschichte typisch?

Ich bin nicht so der Fan von Kategorisierung in Generation X, Y oder eben auch Z. Es wird immer auch auf die Eltern oder Erziehenden ankommen, die man eben hat. Mein Gefühl ist, dass es auch 2020 noch sehr viele verschiedene Modelle oder Richtungen gibt, nach denen Eltern ihre Kinder großziehen. Und der Weg, der dort eingeschlagen wird, kann sich im Verhalten beziehungsweise im Verhältnis zur Umwelt niederschlagen. Muss er aber nicht. Und was das Problem betrifft, Entscheidungen zu treffen, das erleben wir doch alle manchmal. Zugegeben, in Jettes Fall nimmt das extreme Formen an. Und je mehr man gedrängt wird zu etwas, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass man sich sperrt – damit ist Jettes Vater Urs ein erheblicher Teil der Problematik. Was die Generation von Jette aber mit Sicherheit eint, ist die Nähe zur Digitalität, mit der sie aufwächst. Da bin ich aber wahrlich keine Expertin, ich habe noch nicht mal ein Smartphone.

Was denken Sie, zieht Jette immer wieder zu Mario?

Zum einen natürlich Urs, sozusagen als Kontergewicht. Und wie es vielleicht manchmal ist in der Liebe und gerade bei der ersten großen Liebe: ein Stück weit die Gewohnheit; sich nicht vorstellen zu können, dass es ein danach gibt, in dem auch eine andere Person auftauchen kann; und dann bestimmt auch die Tatsache, dass sie ihn sehr mag.

Was ist für Sie das Außergewöhnliche an der Dreiecksgeschichte zwischen Jette, Urs und Mario?

Für mich ist es zum einen die Sprache, die eben sehr nah und ganz bewusst am Alltäglichen gehalten ist. Oft sieht man Filme, zumindest geht es mir so, und denkt sich: „Ne, das würde kein Mensch jemals so sagen“. Das haben wir ganz gut umschifft, glaube ich. Gleichzeitig ist es auch eine Herausforderung für die Zuschauer*innen, weil der Film kurz in das Leben dieser Drei reinzoomt, aber keiner „gewöhnlichen“ Fernsehfilm-Dramaturgie folgt. Eher ruhig erzählt wird, aber im Nachgang viel lostreten kann. Das Tolle ist ja, wir sind alle Kinder von Eltern und zum Teil selber Eltern, mit den Konflikten, die das nun mal mit sich bringt, können viele Menschen etwas anfangen.

Der Film bildet das Leben in der deutschen Provinz ab. Wie nah war Ihnen das als Berlinerin?

Meine Großeltern haben auf dem Dorf gelebt, zu Ferienzeiten war ich oft dort und hab die volle Packung Landleben bekommen. Und ich mag es auch, aber immer nur für eine gewisse Zeit. Ich bin in Berlin aufgewachsen, das Stadtleben ist mir denitiv näher. Das Gute an meinem Beruf ist aber, dass mir nichts anfänglich nah sein muss, weil ich mir zu allem irgendwie einen Weg suchen kann.

Stand: 16.04.2020, 13.15 Uhr