Bettina Oberli (Regie)
„naked“
Bettina Oberli (Regie)

© Team Silbermann
Was war Ihnen bei der Inszenierung von „naked“ wichtig?
Für mich war ein psychologisch wahrhaftiges Spiel entscheidend – die Figuren durchlaufen große emotionale Entwicklungen, und das Publikum muss ihnen diese Reise glauben und mit ihnen durchstehen wollen. Mich interessiert alles, was unter der Oberfläche des Körperlichen liegt: die Dynamik einer Beziehung zwischen Begehren, Co-Abhängigkeit und Absturz. Bei den Sexszenen war uns wichtig, dass sich keine wiederholt. Jede Szene sollte einen eigenen erzählerischen und visuellen Grund haben – also kein Selbstzweck und vor allem auch keine Langeweile.
Über die Länge einer Miniserie war es unser Ziel, immer wieder neue Schichten zu öffnen, visuell wie dramaturgisch. Wir wollten frei bleiben, uns nicht durch Dogmen einschränken: Wenn es passte, haben wir die Kamera auf den Kopf gestellt oder den Schauspielerinnen und Schauspielern Raum zur Improvisation gegeben. Dieses Prinzip zog sich bis in die Montage und Musik – auch dort arbeiteten wir so intuitiv wie möglich.
Wie lassen sich Erotik, Sucht und Abhängigkeit, aber auch Selbstbestimmung und innere Emanzipation visuell eindringlich umsetzen?
Mein Kameramann Julian Krubasik und ich haben jede Szene genau analysiert: Worum geht es im Kern? Um Macht, Verlustangst, Vertrauen? Aus diesen Begriffen entwickelten wir Assoziationen und Bilder. Eine weite Einstellung kann Verlorenheit erzählen, eine extreme Nähe, die Zärtlichkeit einer neuen Liebe, gefiltert durch ein fast durchsichtiges Licht. Die Getriebenheit von Luis im Sexclub setzten wir in Kontrast zu seiner Bürowelt: Wir folgten ihm stets in derselben Einstellungsgröße von hinten – er bleibt gleich, nur die Welt um ihn verändert sich. Durch diese Verschmelzung wirkt es fast wie eine einzige Einstellung. Von Travellings über Zeitlupe und -raffer bis zum Einsatz einer Endoskop-Kamera haben wir vieles ausprobiert – immer auf der Suche nach einer Bildsprache, die den emotionalen Kern der Szene spürbar macht.
Wie bereitet man die Darstellenden auf intime Szenen vor, die sowohl psychisch auch als körperlich so anspruchsvoll sind? Was gilt es beim Dreh zu beachten?
Durch unsere inhaltlich präzise Vorbereitung konnten wir zusammen mit der Intimacy-Koordinatorin Philine Janssens schnell kreative Ansätze entwickeln. Ging es zum Beispiel um Machtdynamik, schlug sie konkrete Positionen vor – wer oben ist, wer unten, ob sich die Figuren ansehen oder nicht. Alles trägt Bedeutung, und wir setzten diese Ideen gemeinsam mit Svenja und Noah durch Körperarbeit, Rhythmus und Einstellungsdauer um. Philine sorgte zudem dafür, dass sich alle sicher fühlten. Da sie bei jeder Szene am Set war, wuchs ein enges Vertrauen, das es uns erlaubte, den Fokus auf das „Was“ statt das „Was nicht“ zu legen.
Auch für mich als Regisseurin ist es nicht ohne, so viele Sexszenen zu drehen – man exponiert sich, muss klar kommunizieren und ständig spüren, was für die Geschichte richtig ist. Mit Philine hatte ich eine Komplizin an meiner Seite, die mich eng begleitete.
Welche war die für Sie herausforderndste Szene?
Der Dreh im Sexclub war sicher eine der größten Herausforderungen. Am Abend war ich froh, wieder ins Freie zu kommen. Ebenso fordernd waren Szenen, in denen Svenja psychisch oder physisch an ihre Grenzen ging – für sie noch mehr als für mich. Dass wir uns so gut verstanden und uns gegenseitig vertrauten, war dafür ein großes Glück.
Gab es während der Dreharbeiten trotz der ernsten Thematik auch lustige Momente?
Unbedingt. Da einige Sexszenen aus einzelnen Fragmenten bestanden, um sie später zu montieren, gab es am Set immer wieder sehr technische, fast absurde Anweisungen. Wir verrenkten uns alle – Kameramann inklusive – und mussten manchmal vor Lachen abbrechen. In solchen Momenten haben wir uns öfter gefragt, was für einen seltsamen, wunderbaren Beruf wir da eigentlich haben.
Stand: 20.08.2025, 11.00 Uhr