Janosch Chávez-Kreft (Regisseur)

„David und Goliath“

Janosch Chávez-Kreft (Regisseur)

© WDR/Frank Dicks

Der Personalnotstand im Pflegesektor hat gravierende Auswirkungen auf die Mitarbeitenden – physisch wie psychisch. Gab es im Vorfeld oder begleitend zur Produktion Gespräche mit Fachleuten oder Pflegepersonal?

Wir haben im Vorfeld intensive Gespräche mit Pflegerinnen und Pflegern geführt, aber auch mit dem medizinischen Personal und anderen Mitarbeitenden. Viele Probleme bestehen im gesamten System, nicht nur im Pflegesektor. Zudem wurden die Drehbücher von Medizinern u.a. gelesen und wir haben uns dann auch konkret dazu ausgetauscht. Dabei wurde schnell deutlich, dass Maike Rasch, die Drehbuchautorin, ganz nah an den reellen Problemen dort erzählt.

Ich durfte einen Tag auf einer Intensivstation verbringen, Gespräche führen, Fragen stellen und einen Eindruck vom Alltag dort erleben. Während der gesamten Vorbereitungszeit und auch während des Drehs haben wir sehr viel Zeit, Wochen, in Krankenhäusern verbracht und haben neben den Gesprächen mit den Menschen dort, auch einfach sehr viel beobachtet. Auf allen Stationen ist der Rhythmus anders. Das war spannend zu sehen.

Was waren die größten Herausforderungen während des Drehs?

Uns war es sehr wichtig, auch im Look authentisch zu sein, daher haben wir in realen Krankenhäusern und während des laufenden Betriebs gedreht. Das bedeutete natürlich, dass die Arbeit der Menschen dort immer Vorrang hatte und wir uns anpassen mussten. Da schreit man nicht einfach laut: „Und Ruhe bitte!“, sondern passt sich entsprechend an und ist immer im Austausch mit dem Personal. Ein toller Nebeneffekt war dann, dass wir sehr schnell in guten Austausch mit den Menschen dort gekommen sind, sie auch unsere Arbeit erleben konnten und nach sechs Wochen bekommt man ein kollegiales Gefühl füreinander. Das war sehr bereichernd auf vielen Ebenen.

In der Inszenierung waren die Szenen mit viel Komparserie am herausforderndsten. In vielen Filmen und Serien, die im Krankenhaus spielen, ist es ständig hektisch, alle rennen und schreien; so wird gerne der Stress der Menschen im KH-Alltag gezeigt. Unsere Beobachtungen waren aber eher das Gegenteil. Die Menschen sind ganz ruhig, abgekämpft, übermüdet. Sie arbeiten in der Regel aber ohne Hektik. Uns war es sehr wichtig, authentisch zu erzählen: Stress und Überforderung einzubauen, aber so wie wir es auch in den vielen Tagen und Wochen erlebt haben, die wir dort verbracht haben. Einige Situationen, die wir auf den Fluren live erlebt haben, haben wir daher einfach übernommen und nachgestellt.

Wie gelingt Ihnen in den beiden Episoden die Gratwanderung zwischen kritischer Darstellung des Klinikbetriebs und unterhaltsamen Elementen?

Die unterhaltsamen Elemente kommen aus den Figuren heraus, aus ihrem Charakter und ihrem Inneren. Das war schon von der Autorin Maike Rasch in den Drehbüchern so wunderbar angelegt. Ich habe beim ersten Lesen ein paar Tränen vergossen, weil es trotz der kritischen Situation im System auch so viel Hoffnung gibt; weil dort Menschen arbeiten. Mit Herz und Seele – und mit Eigenarten, die auch unterhaltsam sein dürfen. Daher gibt es hier aus meiner Sicht keinen Widerspruch.

Was müsste sich aus Ihrer Sicht verändern, um das Leben der Pflegerinnen und Pfleger nachhaltig zu verbessern?

Zuerst einmal denke ich, dass da andere gefragt sind. Meine persönliche Antwort: Vieles muss sich ändern. Politisch, strukturell, finanziell – nicht nur für das Pflegepersonal muss sich vieles verbessern, sondern für sehr viele Menschen, die in einem Krankenhaus arbeiten. Während Corona war das alles ein großes Thema, jetzt habe ich das Gefühl, wird alles wieder so hingenommen. Augen zu und durch. Aber da rasen wir auf einen Berg von Problemen zu. Was sich daher auch ändern muss, ist die öffentliche Wahrnehmung. Wir müssen uns mit dem Gesundheitssystem kritisch auseinandersetzen, hinschauen, das Thema wieder mehr in den Fokus rücken. Unsere Filme sollen unterhalten und sie werden kein Problem lösen, aber sie legen den Finger in die Wunde.

Stand: 12.08.2025, 11.00 Uhr