Interview mit Dieter Hallervorden
Interview mit Dieter Hallervorden

© WDR/eitelsonnenschein/Henning Drechsler
Im Film wird erzählt, dass Sie einmal geplant haben, Walter Ulbricht zu ermorden – heute fliegen Sie Loopings über Dessau. Was treibt Sie stärker an: Wut auf Ungerechtigkeit oder Lust, Grenzen auszutesten?
„Beides! Ungerechtigkeit treibt mich auf die Palme, weil Frieden (siehe Bergpredigt) nur eng verbunden mit Gerechtigkeit geschlossen und bewahrt werden kann. Und Grenzen teste ich nicht aus, sondern ich gebe frei und ohne Rücksicht auf private und berufliche Vor- oder Nachteile meine Meinung kund. Ob ich damit richtig liege, entscheiden andere. Siehe Gaza, wo meine im April 24 geäußerte Ansicht, dass es sich um Völkermord handelt, ab Juni 25 von der Politik übernommen wurde! Ein bisschen verspätet, aber ich bin ja gern Erster.“
Der Film zeigt Sie zwischen Kampfgeist, Humor und Verletzlichkeit. Welcher dieser Aspekte beschreibt Sie heute am besten – und warum?
„An erster Stelle steht für mich Kampfgeist. Besonders wenn es um politische Belange geht. Demokratie verlangt Beteiligung der Bürger. Also: Flagge zeigen! Sich nicht den Mund verbieten oder das Rückgrat verbiegen lassen!“
Mit 90 führen Sie immer noch drei Theater und sind künstlerisch aktiv. Was ist ihr größter Antrieb für so viel Engagement?
„Mein Beruf ist aus einem Hobby entstanden. Was mich als Schauspieler antreibt, ist meine große Liebe zum Theater! Ich könnte Theater sammeln, wie andere Leute Briefmarken.“
Sie leben und arbeiten unter anderem auf einer Insel in der Bretagne. Wie haben Sie den Ort gefunden? Ist das für Sie eher ein Rückzugs- oder Motivationsort?
„Gefunden nach unendlich langer Suche. Die Insel bietet mir Raum in meinem französischen Exil die Batterien aufzuladen und über neue Projekte nachzudenken.“
Was war Ihr persönliches Karriere-Highlight?
„Ich habe als absolut unbekannter Springinsfeld mit 25 Jahren das Kabarett-Theater „Die Wühlmäuse“ gegründet, das in diesem Jahr seinen 65. Geburtstag feiert. Wohlgemerkt ohne Subvention! Ich denke: Da kann der Spielplan ja wohl so schlecht nicht gewesen sein! Das ist z.B. etwas, wofür ich dankbar bin und ein wenig stolz zurückblicke. Und natürlich auf mein neues Buch unter dem Titel „Meine erstaunlichen Alltagsabenteuer“. Lustige Geschichten, die zeigen, dass mein Privat- und Berufsleben manchmal wie ein buntes Witzblatt ist. Humor und Phantasie sind gute Helfer, wenn es das Schicksal mal nicht so gut mit einem meint.“
Stand: 27.08.2025, 11.00 Uhr