Interview mit Barbara Eder (Regisseurin und Creative Producerin)
Das zweite Attentat
Interview mit Barbara Eder (Regisseurin und Creative Producerin)
Barbara Eder
© WDR/picture alliance / Robert Newald
„Das zweite Attentat“ verbindet eine emotionale Vater-Sohn-Geschichte mit einem spannenden Polit-Plot. Warum haben Sie sich für diesen Stoff und die Fiktionalisierung des Geheimdienst-Settings entschieden?
Die Tatsache, dass der Irakkrieg durch die Falschaussage eines deutschen Agenten ausgelöst wurde, finde ich unglaublich. Nicht nur weil es zeigt, wie nah weltpolitisches Geschehen ist und direkt vor unserer Haustür passiert, sondern auch wie halbseidene Aussagen als Mittel zum Zweck benutzt werden, wenn es um Macht und Profit geht. In Zeiten von Fake-News und digitaler Manipulation durch Social-Media-Kanäle ist das ein starkes Thema. Ich mochte auch, dass die Geschichte sehr mutig und anti-klassisch erzählt wird. Zeit und Orte wechseln sich ständig ab. Mal bist du in Bagdad, dann 20 Jahre später in Athen oder Teheran oder Berlin. Die unterschiedlichen Handlungsstränge zeigen Fragmente eines großen Rätsels. Wie ein Puzzle bilden sie schließlich ein großes ganzes Bild und eine unglaubliche Story! Regie-technisch sehr komplex und eine Herausforderung in der Arbeit mit den Figuren und Welten.
Die Serienhandlung umfasst 20 Jahre. Was sind die Herausforderungen, wenn eine Erzählung einen so langen Zeitraum umspannt?
Es war sehr wichtig, dass das Publikum sofort weiß, in welcher Zeit und an welchem Ort er sich gerade befindet. 20 Jahre Unterschied sind keine gewaltige Zeitspanne. Daher sind es eher Kleinigkeiten und Details wie Handys, Autos etc., die sich in der Welt verändert haben. Die Stilistik der Zeitebenen durch unterschiedliche Filmkörnung und Filter sollten Orientierung bieten. So sind z.B. die Rückblenden in die Kindheit der Hauptfigur sehr körnig, einem alten Filmmaterial anmutend, in goldenes Licht getaucht, mit sehr vielen Blendenflecken. Stattdessen ist die Zeitebene im heutigen Deutschland eher hart, fahl, nebelig und in Grautönen. Unsere Schauspieler 20 Jahre jünger oder älter zu machen war die weitaus schwierigere Herausforderung. Die Maskenbildner mussten zig Make-Up und Haar-Tests durchführen, es wurden eigens Perücken angefertigt, viel probiert, verworfen, neu überlegt, bis wir alles fertig hatten.
Sie agieren bei dem Projekt auch als Creative Producerin, haben aber wegen anderweitiger beruflicher Verpflichtungen einen Teil der Regie an Philipp Osthus abgeben. Wie kann man sich die Zusammenarbeit vorstellen?
Für mich war es anfangs bitter, nicht alle Szenen selber drehen zu können, weil bereits alles vorbereitet war. Es gab Locations, Schauspieler, manche Szenen hatte ich bereits kameratechnisch komplett aufgelöst. Aber eine Verschiebung während der Dreharbeiten hat es für mich unmöglich gemacht. Ich wollte, dass Philipp Osthus nicht alles 1:1 übernehmen muss, sondern auch selber kreativ sein kann. Insofern habe ich den Fokus darauf gelegt, dass er sich einen Überblick des bereits gedrehten Materials verschafft. Dass er versteht, welchen Stil unsere Serie verfolgt und wie ich die Figuren angelegt habe, damit er sie im gleichen Stil weiterführen kann.
Die Serie changiert zwischen einer berührenden Familiengeschichte und brutalen Gewaltszenen. Wie haben Sie diese Übergänge filmisch gestaltet?
Ich denke, wenn man von einer Zeitebene und Figur zur andern wechselt, und das immer wieder, auch nicht chronologisch im Film, dann ist es wichtig, das Publikum bei jeder neuen Figur sofort zu packen. Ich wollte daher immer zu einer anderen Zeitebene wechseln, wenn es am spannendsten wird. Wenn es am berührendsten ist und du dich fragst, wie es mit der Figur weitergeht. Wenn man dann zu einer anderen Figur und Handlung umschneidet, muss man sich sofort für die neue Figur interessieren. Ein sehr emotionaler Moment, ein „Wumms“ in Form von Gewalt sind dabei sehr gute Mittel zum Übergang. Ich muss allerdings dazu sagen, dass die Darstellung von Gewalt für mich ein sensibles Thema ist, das ich mit Bedacht inszeniere.
Stand: 06.02.2025, 12.00 Uhr