Jürgen Werner (Drehbuch)

2012 ging der Tatort aus Dortmund mit der Folge „Alter Ego“ an den Start. Und mit dem Versprechen, dass die Fälle dieses Ermittlerteams inhaltlich aufeinander aufbauen. Nun erscheint in der Folge „Abstellgleis“ nach achtjähriger Abstinenz wieder Kommissar Kossik auf der Bildfläche. Gibt die horizontale Erzählweise Ihnen als Autor viel Freiheit bei der Entwicklung von Stoffen, oder ist es eher eine große Herausforderung, immer wieder an frühere Fälle anknüpfen zu müssen, um die Geschichte glaubhaft weiterzuerzählen?

Jürgen Werner: Was für eine Reise. Manchmal wäre es sicher schön gewesen, einfach mal „nur“ einen hoffentlich spannenden Krimi zu erzählen. Du musst mit einigen Einschränkungen leben, die es nicht leichter machen. Welches Thema du wählst, wie du den Krimi erzählst, gleichzeitig musste die Horizontale, „was bisher geschah“ so etabliert werden, dass der Zuschauer weiß, worum es geht, es einen aber nicht langweilt, dazu die Horizontale weiter voran getrieben werden. Das alles dramaturgisch unter einen Hut zu bekommen, war immer eine tolle Herausforderung. Man hat geflucht, gelitten, war oft verzweifelt, aber schön war¿s!

Ira Klasnić ist in ihrer neuen Position als resolute Leiterin der Mordkommission angekommen. Und auch ansonsten wird das Setting des Dortmunder Ermittler-Teams im Fall „Abstellgleis“ ziemlich aufgemischt. Disruption hat gerade Konjunktur: Passt der Tatort aus Dortmund auch vor diesem Hintergrund gut in unsere Zeit?

Zwischen der ersten Idee, dem Entwickeln des Drehbuchs, der Umsetzung und schließlich der Sendung vergeht oft eine sehr lange Zeit, während sich die Gesellschaft gerade in einem sehr hohen Tempo verändert. Ich persönlich habe das Gefühl, dass wir die Fähigkeit zur sachlichen Auseinandersetzung verlieren, vor allem die Empathie geht, meiner Meinung nach, mehr und mehr verloren. Konflikte, Probleme, Spannungen innerhalb des Teams sind beim Dortmunder Tatort das Salz in der Suppe, aber gerade ein Format, wie der Dortmunder Tatort, bei dem Streit und Intrigen allgegenwärtig sind, könnte in Zukunft darauf eine Antwort liefern...