Flucht in der Kälte: Ruth Barra
„Zeitzeugen 1945 – Trümmerjahre in AR“
Flucht in der Kälte: Ruth Barra
Wer damals in den zerstörten Städten stand, konnte sich nicht vorstellen, wie deren Überreste jemals beseitigt, geschweige denn wiederaufgebaut werden sollten. Wie muss sich das aus der Perspektive der Kinder und Jugendlichen angefühlt haben? In „Zeitzeugen 1945 - Trümmerjahre in AR“ erzählen sechs Zeitzeuginnen und Zeitzeugen von ihren Erlebnissen. Eine von ihnen ist Ruth Barra.

© WDR
Ruth Barra, 1938 in Ostpreußen geboren, kommt als Flüchtling nach Gelsenkirchen. Mit sieben Jahren flieht sie mit ihrer Mutter und ihrem kleinen Bruder über das zugefrorene Haff in den Westen. Sie überstehen Kälte, Hunger und Todesangst. „Mein sehnlichster Wunsch war, ein ganzes Brot zu besitzen. Das wollte ich um den Hals hängen und immer davon abbeißen können“, erinnert sich Ruth.
In Gelsenkirchen wohnt die Familie in der ersten Zeit sehr beengt in zwei Zimmern. Ruth erzählt: „Wir sind in Trümmern gelandet, in einem Haus, das total ausgebombt war. Die obere Etage gab's nicht mehr. Es gab keine Fenster, keine Türen, keine Toilette.“
Viele Kinder und Jugendliche waren im Mai 45 sich selbst überlassen – in einem verwüsteten Land ohne Aufsicht der Eltern, ohne Regeln. Es gibt Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die sich an die Trümmerlandschaft als einen „Abenteuerspielplatz“ erinnern, voller Gefahren und Herausforderungen. Väter, die aus dem Krieg oder der NS-Gefangenschaft heimkehrten, waren den Kindern oft fremd. Für die Familien hatten die Mütter gesorgt. Die Erinnerungen an das Kriegsende sind den Zeitzeuginnen und Zeitzeugen auch heute noch sehr nah. Es ist ihnen ein wichtiges Anliegen, ihre Erlebnisse und Erfahrungen an die junge Generation weiterzugeben.
Stand: 27.03.2025, 09.00 Uhr