Bester Podcast: Hendrik Bolz, Don Pablo Mulemba
Deutscher Hörbuchpreis 2025
Bester Podcast: Hendrik Bolz, Don Pablo Mulemba
Für „Springerstiefel – Die 90er sind zurück“, MDR / rbb, ABC Stories.

© WDR/Annika Fußwinkel
Das sagt die Jury:
Podcasts wie „Springerstiefel“ haben das Zeug dazu, Narrative aufzubrechen und vielleicht sogar zu verändern. Seit dem Mauerfall ist sehr viel über den Osten geredet worden und sehr viel weniger aus dem Osten heraus. So ist eine Perspektive entstanden, die von enormer Überheblichkeit geprägt ist. Das macht es oft sehr schwer, einen offenen Blick auf die Problematik von Rechtsextremismus und rechter Gewalt in Ostdeutschland zu richten.
Hendrik Bolz und Don Pablo Mulemba erzählen unaufgeregt, sachlich, sehr persönlich und voller Interesse für das Phänomen und die Menschen von den Begebenheiten und warum und in welcher Form die 90er zurück sind. Den Hosts gelingt es, ein Klima zu schaffen, in dem die Gesprächspartner*innen voller Vertrauen und mit großer Offenheit erzählen und Einblick gewähren.
In Zeiten, in denen das Erstarken der Rechten weltweit ein immer größeres Problem ist, erleben wir hier die Stärke des Mediums Podcast. Wir können etwas lernen. Und wenn wir etwas verstehen, dann können wir wirklich anfangen, es zu verändern. Dieser Podcast macht Hoffnung.
Welche persönlichen Erfahrungen haben Sie motiviert, sich in Ihrem Podcast mit der Rückkehr rechtsextremer Tendenzen in Ostdeutschland auseinanderzusetzen?
Hendrik Bolz: In den letzten Jahren gab es wieder vermehrt Medienberichte über rechtsextreme Jugendliche im Osten und auch bei eigenen Arbeiten, zb. im Rahmen der Inszenierungen von „Nullerjahre“ begegnete mir dieses Thema. Ich wollte dann gerne einmal diesem Phänomen nachspüren ohne dabei in die klassischen Muster der Skandalberichterstattung zu verfallen.
Don Pablo Mulemba: Es gab nicht “diesen einen” Moment, vielmehr rührt meine persönliche Motivation für diesen Podcast aus den Erfahrungen mit stumpfer rechter Gewalt, die mir in meiner Kinder und Jugendzeit widerfahren ist. Dass Nazis nun auch über einen parlamentarischen Arm verfügen, ist für mich und viele andere Ossis da draußen eine sehr besorgniserregende Entwicklung. Diese zu ignorieren, wäre verantwortungslos.
Wie haben Sie die Geschichten und Perspektiven der Menschen ausgewählt, die Sie in der zweiten Staffel von "Springerstiefel" vorstellen? Gab es Begegnungen, die Sie besonders bewegt haben?
Hendrik Bolz: Mich hat das Gespräch mit der Jugendsozialarbeiterin Daniela sehr bewegt, die selber in vielerlei Hinsicht von unserem Thema betroffen ist. Tatsächlich hat dieser Kontakt sich spontan vor Ort ergeben. Als wir merkten wie ehrlich und nachvollziehbar sie über ihre herausfordernde Lage spricht, war schnell klar, dass sie eine größere Rolle in unserer Arbeit spielen sollte.
Don Pablo Mulemba: Mich hat vor allem das Gespräch mit Ahmed sehr zum Nachdenken gebracht. Im Podcast bezeichnete ich ihn noch als unverbesserlichen Optimisten, der trotz zahlreicher Gewalterfahrungen an ein lebenswertes Chemnitz glaubt. Zu diesem Zeitpunkt war ich selbst jedoch sehr pessimistisch gegenüber der Zukunft des eingestellt geneigt. Heute denke ich, dass wir genau diese Art von Zuversicht und Hoffnung unbedingt brauchen. Wir brauchen einen utopischen Entwurf für den Osten von Morgen, in dem jeder Mensch ein friedvolles und würdiges Leben frei von Armut und Gewalt führen kann. An dieses bessere Chemnitz, an diesen besseren Osten glaubt Ahmed.
Welche Veränderungen oder Entwicklungen haben Sie seit den 1990er Jahren in Bezug auf rechtsextreme Bewegungen in Ostdeutschland beobachtet, und welche Rolle spielt Ihr Podcast dabei, das Bewusstsein dafür zu schärfen?
Hendrik Bolz: In den 90ern waren es vor allem die Besonderheiten des Systemumbruches, durch die viele ostdeutsche Jugendliche sich in Richtung der rechten Jugendkultur orientiert haben. Heute haben wir es mit einem Phänomen zu tun, das in vielen westlichen Ländern ganz ähnlich funktioniert, das im Osten der Republik aus verschiedenen Gründen mehr greift als im Westen. Unser Podcast kann helfen diese Gründe zu verstehen.
Stand: 18.03.2025, 22.00 Uhr