Claudia Garde (Regie)

„Tatort“ aus Köln „Restschuld“

Claudia Garde (Regie)

Geboren in Bremen. Nach ihrem Abitur Schauspielausbildung in London und Paris. Dann Regie- und Drehbuchstudium an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Ihr Debutfilm als Regisseurin war der Spielfilm „Die man liebt“ (1998). 2001 mit „Kindstod“ erster Kölner „Tatort“: „Restschuld“ ist ihr zweiter Fall mit Ballauf und Schenk. FILM „Conti – Meine zwei Gesichter“ (2023), „Bonn – Alte Freunde, neue Freunde“ (2023), „Ottilie von Faber-Castell – Eine mutige Frau“ (2019), „Das Nebelhaus“ (2017), „Eine gute Mutter“ (2017) „Tatort – Borowski und die Rückkehr des stillen Gastes“ (2015) AUSZEICHNUNGEN Bayerischer Fernsehpreis 2018 in der Kategorie Fernsehfilme / Reihen und Serien als Regisseurin der Fernsehfilme „Eine gute Mutter“ und „Das Nebelhaus“.

© WDR/Martin Valentin Menke

In diesem Fall stoßen Ballauf und Schenk auf viel Wut und Verzweiflung. Wie spiegelt sich das deprimierende Thema in Ihrer Regiearbeit und Bildsprache wider?

Wir haben schon bei der Auswahl der Motive, besonderes Augenmerk auf SCHWERE gelegt. Dabei wurde der gemauerte Stein in vielen Motiven zum Konzept. Als Ausdruck von einerseits Mühsal und Akribie, mit der man sein Leben Stein auf Stein aufgebaut hat und sich andererseits vielleicht auch der Umstand, dass man sich selbst ummauert hat und an Dingen festhält, die so nicht mehr existieren.

Das Gefühl der Leere, Trauer und Verzweiflung, Gefangenheit und Kälte haben wir immer wieder im nackten Stein gefunden. Unsere Protagonistinnen und Protagonisten sind alle von diesem umgeben.

Tageslicht wird bei allen Figuren mehr oder weniger ausgesperrt, es kann nur sehr gedämmt in die Räume eindringen. Aber auch das Kunstlicht ist schwach. Auch das sollte Ausdruck der Abgeschiedenheit unserer Protagonist:innen sein. Es wird dunkel um sie. Ob bei den Lehnens, Timo, oder Frau Schreiter, immer scheinen sie isoliert vom Rest der Welt, sie sind allein mit ihren Problemen und isolieren sich mehr und mehr. Diesen Umstand haben wir auch auf der Tonebene verstärkt, in dem das Leben draußen, immer sehr weit weg zu sein scheint, aber dennoch immer hörbar bleibt. Wie eine Ahnung von dem, was einmal war, was die anderen Menschen noch leben dürfen und dem, auf das man vielleicht noch hoffen darf.

In diesem „Tatort“ ist jedes erzählte Schicksal für sich eine Tragödie. Wie gelingt es Ihnen, die einzelnen Stränge zusammenzuhalten?

Das hat sicherlich auch mit den oben genannten, von uns gewählten Stilmitteln zu tun, dass unsere Figuren über ihre individuellen Schicksale miteinander verbunden sind. Aber natürlich mit der Problematik selbst, die sie ja alle teilen. Mir war es wichtig, dass man ihnen zuhören kann und nicht vor Scham weghört. Sowohl mit dem wunderbaren Cast als aber auch mit den ermittelnden, sehr mitfühlenden Kommissaren ist es uns wohl gelungen, dieses Thema aus einer Grauzone zu holen und die Menschen, denen so etwas passiert, sprechen zu lassen. Karlotta Ehrenberg hat für das Drehbuch sehr genau recherchiert. Ich denke, wenn der Film berührt, dann sicherlich auch, weil alle Schicksale nachvollziehbar und ehrlich erzählt sind. Ohne Pathos, ohne Notausgang.

Mit „Restschuld“ kehren Sie nach mehr als 20 Jahren zurück zum Kölner Ermittlerteam Ballauf und Schenk. Was ist die größte Konstante, die das Duo Ballauf und Schenk ausmacht?

Es war sehr schön, wieder mit Klaus und Dietmar zu arbeiten. Ein wenig wie nach einer langen Reise mal wieder nach Hause kommen.

Die Konstante sind natürlich die Beiden, aber auch die Art der Fälle, soweit ich das überblicken kann. Mir scheint, dass bei den Kölnern die soziale Komponente häufig im Mittelpunkt steht. Ballauf und Schenk schauen hinter die Fassaden. Das war auch schon bei „Kindstod“ so. Mir gefällt das, denn somit werden durch den „Tatort“ auch Fragen an die Zuschauer gerichtet, die sie zum Nachdenken anregen. Das hört sich jetzt ein bisschen moralisch an, aber wenn es um Mitmenschlichkeit geht, darf es das auch gerne sein.

Stand: 29.11.2024, 12.00 Uhr