Olympiasiegerin Isabell Werth kritisiert finanziell angeschlagene Deutsche Reiterliche Vereinigung in der ARD-Sportschau
Olympiasiegerin Isabell Werth kritisiert finanziell angeschlagene Deutsche Reiterliche Vereinigung in der ARD-Sportschau
Isabell Werth kritisiert Deutsche Reiterliche Vereinigung
© WDR/AP Photo/Mosa'ab Elshamy
Isabell Werth, Olympiasiegerin im Dressurreiten in Paris, hat in der „Sportschau“ massive Kritik an der Verbandsspitze der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) in Warendorf geäußert. In den vergangenen Monaten war bekannt geworden, dass der Sportverband in großer Geldnot steckt. Gegenüber der ARD-Sportschau (WDR) sagte die erfolgreichste Olympionikin Deutschlands nun: „Es gab Anfang des Jahres schon Veröffentlichungen, dass Warendorf ein Sanierungsfall sein soll. Das wurde ja dann vehement bestritten, auch seitens des Präsidenten und seitens der Geschäftsführung in der Erwartung, dass wir denn von den Zahlen noch positiv überrascht werden sollten.“ Aber das Gegenteil sei eingetreten, es habe sich bestätigt, dass die FN finanziell marode sei: „Das zeigt, dass da doch vieles sich schleichend entwickelt hat, offenbar auch an den Aufsichtsgremien vorbei.“
Erstmals äußern sich nun auch hohe Reitfunktionäre in der Sportschau öffentlich zur Finanzkrise. Klaus Roeser, Vorsitzender des Dressurausschusses im Deutschen Olympischen Komitee für Reiterei, der innerhalb der FN für den Spitzensport zuständig ist, erklärt, dass man „in einer schwierigen Situation durchaus auch mal an das berühmte Tafelsilber gehen muss“. Das sei „nicht ungewöhnlich“. Die FN hatte Wertpapiere aus seinen Rücklagen verkauft. „Aber wenn man das öfter in einem gewissen Zeitraum tut“, so Roeser, „dann frage ich mich, ob da nicht deutlich früher hätte die rote Lampe angehen müssen. Also spätestens mal bei der zweiten Aktion und zu sagen, wie kann das sein? Wo stehen wir? Warum ist das so? Welche kurzfristigen Maßnahmen müssen wir ergreifen, dass das in dem Umfang nicht so weiter läuft?“ Im Mittelpunkt der Kritik steht der langjährige Vorstandsvorsitzende der FN, Sönke Lauterbach. Lauterbach habe sich in der Vergangenheit eine Machtposition erarbeitet, sagt Dressur-Chef Roeser, „und ich glaube, dass man ihm da, ich will nicht sagen blind, aber doch zumindest in einem sehr hohen Maße vertraut hat, was gewisse Aussagen anbetrifft.“ Im Zuge der Finanzkrise waren im Juli der FN-Präsident und der Finanzkurator zurückgetreten, Lauterbach hatte angekündigt, im September kommenden Jahres die FN zu verlassen. Alle drei waren im Mai bei einer außerordentlichen Verbandssitzung nicht entlastet worden.
Die Folgen für die FN sind noch nicht absehbar. Isabell Werth sagte gegenüber der Sportschau: „Gerade der Nachwuchsbereich braucht den Verband.“ Wenn der Verband nicht die Strukturen schaffe und die finanziellen Möglichkeiten habe, um Trainingsmaßnahmen zu finanzieren, „um letztlich auch junge Reiter auf die Schiene zu bringen, dann werden wir langfristig unsere Erfolgsbilanz sicher nicht mehr haben können.“
Ludger Beerbaum, 1992 Olympiasieger im Springreiten, fordert angesichts der Finanzkrise umfassende Reformen bei der FN: „Das ist ein großes, dickes Brett, was da gebohrt werden muss.“ Beerbaum, 61, ist einer der größten Pferde-Unternehmer Deutschlands, für ihn reitet auch Olympiasieger Christian Kukuk. Er fragt sich, ob die gesamte FN-Organisation noch zeitgemäß sei angesichts der Tatsache, dass viele Funktionäre, „noch mal deutlich zehn Jahre älter sind als ich.“ Da müsse „dringend mal die Decke hochgenommen und gelüftet und alles komplett hinterfragt werden.“
Die Staatsanwaltschaft Münster bestätigte der Sportschau, dass sie derzeit im Umfeld der FN ermittle. Die FN war mit fünf Medaillen der erfolgreichste deutsche Sportverband bei den Olympischen Spielen in Paris.
Mehr dazu in der Sportschau, Sonntag, 19:15 Uhr im Ersten
Stand: 14.09.2024, 12.00 Uhr