Arne Nolting und Jan Martin Scharf (Buch)
„Tatort – Pyramide“
Arne Nolting und Jan Martin Scharf (Buch)

Arne Nolting und Jan Martin Scharf
© Geisler-Fotopress/Schmiegelt
Arne Nolting
Geboren 1972 in Braunschweig | FILM / FERNSEHEN „Tatort - Spur des Blutes“ (2022), „Tatort – Reiz des Bösen“ (2021), „Die Schule der magischen Tiere“ (2021), „Barbaren“ (2020), „Club der roten Bänder – Wie alles begann“ (2019), „Väter allein zu Haus“ (2019 – 2021), „Tatort – Weiter, immer weiter“ (2019), „Tatort – Alles, was Sie sagen“ (2018), „300 Worte Deutsch“ (2015), „Salami Aleikum“ (2009), u.v.m. | AUSZEICHNUNGEN Robert-Geisendörfer-Preis für „Club der roten Bänder“ (2016), Grimme-Preis für „Club der roten Bänder“ (2016) und „Weinberg“ (2016), Deutscher Fernsehpreis für „Club der roten Bänder“ (2016) und „Der letzte Bulle“ (2012), Civis – Europas Medienpreis für Integration für „Salami Aleikum“ (2012), Preis der Deutschen Filmkritik für „Salami Aleikum“ (2012), First Steps Award Nominierung für „Wahrheit oder Pflicht“ (2004)
Jan Martin Scharf
Geboren 1974 in Köln | FILM / FERNSEHEN „Tatort - Spur des Blutes“ (2022), „Tatort – Reiz des Bösen “ (2021), „Barbaren“ (2020), „Club der roten Bänder – Wie alles begann“ (2019), „Väter allein zu Haus“ (2019 – 2021), „Tatort – Weiter, immer weiter“ (2019), „Tatort – Alles, was Sie sagen“ (2018), „Weinberg“ (2015), „Friesland – Familiengeheimnisse“ (2015), „Friesland – Mörderische Gezeiten“ (2014), u.v.m. | AUSZEICHNUNGEN Robert-Geisendörfer-Preis für „Club der roten Bänder“ (2016), Deutscher Fernsehpreis für „Club der roten Bänder“ (2016), Grimme-Preis für „Weinberg“ (2016) und „Club der roten Bänder“ (2016), Deutscher Fernsehpreis für „Der letzte Bulle“ (2012), EBU Prix Genéve d’Europe für das Drehbuch zu „Spanner“ (2005), First Steps Award Nominierung für „Wahrheit oder Pflicht“ (2004), Deutscher Hochschulfilmpreis für „Freitagnacht“ (2002)
„Pyramide“ folgt nicht der klassisch-linearen Erzählweise. Stattdessen wird die Geschichte episodenhaft in Rückblenden erzählt. Was war die Idee dahinter?
Jan Martin Scharf: Bei einem Kriminalfall interessiert uns neben dessen Aufklärung mindestens genauso sehr, wie es überhaupt zu der Tat gekommen ist. Denn in der Vorgeschichte liegt das Drama, das den menschlichen Abgrund - oder die Not und Verzweiflung freilegt, die zu einem Mord führen. Die Erzählstruktur mit Flashback-Episoden erlaubt es uns, bei diesem Drama hautnah dabei zu sein.
Als Zuschauer werden wir mit jedem Kapitel immer wieder reingezogen mitten ins Geschehen. Tritt der eigentliche Mordfall an einem Rechtsanwalt und die Ermittlungsarbeit der Kommissare dadurch nicht fast etwas in den Hintergrund?
Arne Nolting: Wir lieben die Kommissare Schenk und Ballauf, und sie bekommen auch in dieser Geschichte wieder eine Menge von uns zu tun: Sie müssen eine Geiselnahme beenden, ein Entführungsopfer aufspüren, legen sich mit einem Demagogen an und entlocken einem Verzweiflungstäter die Hintergründe seiner Tat. Und klar, den Mord lösen sie auch noch, wenn all die „Gefahr in Verzug“-Situationen bereinigt sind.
Dieser Tatort beschäftigt sich indirekt mit einer geradezu philosophischen Frage: Ist alles, was legal ist, auch legitim? Oder was gab Ihnen den Impuls zu diesem Stoff?
Arne Nolting: Das System der Vertriebspyramide ist ein absolut klassisches und nach wie vor sehr erfolgreiches Betrugsmodell, dem juristisch schwer beizukommen ist. So gut wie jeder im Produktionsteam kannte Menschen aus dem persönlichen Umfeld, die in ein solches System geraten sind und dadurch viel verloren hatten. Geld, Lebensjahre und vielleicht am schlimmsten: Das Vertrauen von Freunden und Familie. Da wir also sehr nah miterleben konnten, wie viel Leid diese Betrugssysteme verursachen, erschien uns die Geschichte erzählenswert. Zugleich hatten wir durch diese Erfahrungsberichte einen tiefen Einblick in die Methoden und die Verführungskraft der Betrüger, so dass wir auch wussten, wovon wir erzählen.
Die männlichen Protagonisten streben allesamt nach Geld, Macht und dicken Autos. Ist das „Pyramide“-Prinzip also ein klassisches Beispiel für toxische Männlichkeit?
Jan Martin Scharf: Ein Pyramidensystem funktioniert am besten, wenn ein ideologischer Überbau den Blick auf die Realität vernebelt. Und kaum etwas zieht da besser als der Appell an vermeintlich männliche Werte wie Erfolg, Stärke und Durchsetzungskraft inklusive aller Statussymbole. Im Netz wimmelt es jedenfalls von selbsternannten Powersellern, die ihren Jüngern die toxische Männlichkeit nur so um die Ohren hauen. Aber wenn man hinter die Oberfläche schaut, dann sieht man: Der eigentliche Antrieb für ein solches System ist immer die Gier - und die kann Männer wie Frauen packen.
Stand: 11.12.2023, 12.00 Uhr