„Wir machen alles mit Spaß, aber nicht zum Spaß“

„Wir machen alles mit Spaß, aber nicht zum Spaß“

WDR-Reise-Expertin Tamina Kallert über das Geheimnis des Erfolgs von „Wunderschön“ und warum Teamarbeit so wichtig ist

Tamina Kallert

Tamina Kallert
© WDR/Linda Meiers

Seit fast 20 Jahren moderiert Tamina Kallert die Reisesendung „Wunderschön“ im WDR – mit ungebrochener Begeisterung und Leidenschaft für ihren „Traumjob“. Am 30. April 2023 eröffnet sie die diesjährige Sommersaison mit einer Reise in den Südosten Spaniens: Sie fährt „Von Alicante bis Valencia“ (20.15 Uhr, WDR Fernsehen), besucht bekannte Orte an der Costa Blanca und entdeckt weniger bekannte im Inland. Im WDR-Interview verrät die 48-Jährige, wo der beste Reis für Paella wächst, welche Sportart sie nie wieder ausprobieren will und wo sich Eltern im Urlaub wieder wie Kinder fühlen. Und sie spricht über die Vielfalt im Moderationsteam.

„Wunderschön“ ist die älteste Reisesendung im deutschen Fernsehen, wirkt aber so frisch wie zum Start vor fast 20 Jahren. Womit erklären Sie sich den Erfolg und die Beliebtheit der Sendung?

Wir haben uns immer weiterentwickelt. Das trifft auf Inhalte, die Dramaturgie, vor allem aber auch auf die Moderation zu. Ich darf immer ich selbst sein. Stichwort Authentizität. Ich kann Dinge auf meine Art und Weise ausprobieren, die Welt durch meine Augen entdecken, einfach Menschen begegnen und mit Menschen reden, ohne mich an ein starres Drehbuch halten zu müssen. Und meine Begeisterung für das, was ich unterwegs erlebe, überträgt sich auf das Publikum.

Ihr WDR-Kollege Daniel Aßmann gehört seit 2019 zum Moderationsteam von „Wunderschön“ und seit 2021 auch Ihre NDR-Kollegin Judith Rakers. Im vergangenen Jahr stieß Ramon Babazadeh vom SWR dazu. Dabei hat jeder und jede seine bzw. ihre eigene Art zu moderieren. Ist die senderübergreifende Vielfalt eine Bereicherung für die Reisesendung?

Auf jeden Fall. Wie die Kommissare und Kommissarinnen beim „Tatort“ stehen wir für unsere Region und bringen neben unserer Persönlichkeit auch unseren eigenen Blick auf die Welt mit. Und das ist gut so. Ein großes Treffen steht noch aus, ist aber logistisch schwierig, weil ständig jemand unterwegs ist – auch für „Wunderschön“. Daniel sehe ich schon mal, wenn ich in Köln bin, und mit Judith halte ich über die sozialen Medien Kontakt. Ramon und ich kommen beide aus dem Süden, er aus Tübingen, ich aus Freiburg. Und uns verbindet unsere Leidenschaft für Musik: Er spielt Cello, ich Geige. Ich fände es toll, wenn sich mal die Gelegenheit ergeben und wir zusammenspielen könnten.

Der Höhepunkt: das gemeinsame Essen

Gelegentlich dürfen Sie sogar bei „Wunderschön“ zur Geige greifen, zum Beispiel vergangenes Jahr in der „Norwegen“-Folge. Essen ist dagegen ein fester Bestandteil. In jeder Sendung probieren Sie köstliche Gerichte und rühren oft genug selbst in den Töpfen. An der Costa Blanca kommen Tapas auf den Tisch und Sie helfen bei der Zubereitung des spanischen Nationalgerichts: der Paella. Welche Rolle spielt das Kulinarische in den „Wunderschön“-Folgen?

Neues zu entdecken, ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Reisen. Dazu gehören auch kulinarische Entdeckungen. Und über das gemeinsame Kochen und Essen entsteht eine Verbindung mit dem Land, den Menschen und ihrer Kultur. In der Spanien-Sendung am 30. April besuchen wir Reisbauern im Nationalpark Albufera, die die Grundzutat für das spanische Nationalgericht anbauen. Außerdem gehe ich einem Profi-Koch bei der Vor- und Zubereitung der besten Paella der Welt zur Hand. Der Höhepunkt ist natürlich das gemeinsame Essen. Alle sitzen an einem Tisch, probieren dies und das, teilen und reden miteinander und tun sich etwas Gutes. Wunderschön.

Wer regelmäßig „Wunderschön“ sieht, muss den Eindruck gewinnen, dass Sie ziemlich mutig sind: Ob Kitesurfen oder Paragliding, Rafting oder an der Zipline über tiefe Schluchten sausen – es gibt kaum einen (Trend-)Sport, den Sie noch nicht ausprobiert haben. Gibt es etwas, das Sie nicht oder nicht mehr machen würden?

Bungeejumping – einmal und nie wieder! Und als auf Wangerooge Fallschirmspringen auf dem Drehplan stand, habe ich einmal Nein gesagt. Eine neue Erfahrung: Ich muss nicht alles selbst ausprobieren, damit es eine spannende Sendung wird. Seit ich Kinder habe, hat sich auch meine Einstellung verändert. Aber Mut lohnt sich. Rauszugehen aus der eigenen Komfortzone bringt dich weiter. Und die Abenteuer sind es, die im Gedächtnis bleiben. Im letzten Oktober sind wir im Salzkammergut beim sogenannten „Waldbaden“ in einen eiskalten Gebirgsbach gestiegen, haben uns mitreißen und Wasserfälle runterstürzen lassen. Ein Wahnsinnserlebnis. Wenn das 14 Grad kalte Wasser in den Neoprenanzug läuft, fragt man sich trotzdem für einen kurzen Moment: „Wieso mach ich das?“ Warum mir trotzdem das Lachen nicht vergangen ist, kann man in der fertigen Sendung sehen – am 17. September im WDR.

Villa Kunterbunt und Michels Männchen

Dagegen war die Tour mit dem Wasserfahrrad durch einen futuristischen Freizeitpark in Valencia ja richtig harmlos, oder? Und sicher eher etwas für Familien. Denn für die ist in jeder „Wunderschön“-Folge etwas dabei. Worauf können sich Eltern und Kinder in diesem Jahr freuen?

Tipps für einen familientauglichen Urlaub gibt es in jeder Sendung. Aber selten habe ich mich bei Dreharbeiten so viel an meine eigene Kindheit erinnert wie im schwedischen Småland. Auch meinen Kindern habe ich natürlich Pippi Langstrumpf vorgelesen – und jetzt durfte ich mich auf die Spuren von Astrid Lindgren begeben. Ich bin eingetaucht in Pippis Welt, habe mich in der Villa Kunterbunt in ihr Bett gelegt – natürlich mit den Füßen auf dem Kopfkissen – und fühlte mich selbst wie ein Kind. In Katthult trafen wir den Enkel der Frau, die in den 1970er Jahren

ihren Hof für die Dreharbeiten zu den Michel-Filmen zur Verfügung gestellt hat. Im Tischler-Schuppen stehen noch die Männchen, die Michel aus Lönneberga geschnitzt hat. Wir haben Elche gesehen, bunte Zuckerstangen und riesige Lollis gelutscht und an meinem Geburtstag das Mitsommerfest gefeiert. Es war eine rundum wunderschöne Reise. „Småland – Unterwegs in Bullerbü“ läuft am 4. Juni im WDR Fernsehen.

Das hört sich nach einem wahren Traumjob an. Ständig unterwegs sein, in fremde Länder und Regionen reisen und lauter schöne Dinge erleben. Viele Menschen beneiden Sie. Ist Ihr Job wirklich so ein Traum?

Ich liebe meinen Job und möchte mit niemandem tauschen. Aber die Dreharbeiten sind harte Arbeit. Wir sind bei Wind und Wetter unterwegs, haben einen ganz eng getakteten Zeitplan, machen alles mit Spaß, aber nicht zum Spaß. Wir sind wirklich ein super Team, das sehr gut zusammenarbeitet. Und wenn die Sendung am Ende leicht und fluffig aussieht, unbeschwert und wie ein Traumurlaub, dann haben wir einen guten Job gemacht.

Mit Tamina Kallert sprach Petra Berthold

Stand: 20.04.2023, 13.15 Uhr