Interview zu 25 Jahren „Tatort“ Köln mit Dietmar Bär und Klaus J. Behrendt

Interview zu 25 Jahren „Tatort“ Köln mit Dietmar Bär und Klaus J. Behrendt

Tatort Köln

Dietmar Bär und Klaus J. Behrendt
© WDR/Stratmann

Wie haben Sie vor 25 Jahren reagiert, als Sie gefragt wurden, ob Sie Lust haben, einen „Tatort“-Ermittler zu spielen?

Klaus J. Behrendt: „Die Freude war total groß, aber man hat auch Respekt vor der Aufgabe und fragt sich, ob man das hinkriegt.“

Dietmar Bär: „Worauf man nicht so vorbereitet war, ist die Popularität. Nachdem 1997 die ersten beiden Filme liefen, die von Millionen Menschen gesehen wurden – plötzlich erkannten uns viele Menschen auf der Straße. Damit muss man umzugehen wissen und wir versuchen die Popularität auch zu nutzen für den ‚Tatort‘-Verein, mit dem wir uns gesellschaftlich engagieren.“

Klaus J. Behrendt: „Mich macht die große Zahl unser Zuschauer immer wieder sprachlos. Hier in Köln hat das Stadion 50.000 Plätze. Und unsere Filme schauen manchmal so viele Leute an, wie in 20 von diesen Stadien passen würden. Da braucht man gute Freunde und Familien, die einen auch erden.“

Wie war das zu Beginn, konnten Sie die Figuren mitgestalten?

Dietmar Bär:Das hat sich erst mit der Zeit entwickelt. Wir hatten zu Beginn jeder sein kleines, klares Profil. Wer und wie das ungefähr aussehen sollte, von Freddy mit seinen Cowboystiefeln und Faible für EDV, Ballauf dagegen kommt hochspezialisiert aus Amerika. Und dann übernimmt eigentlich die Historie der Drehbücher die Gestaltung. So betrachte ich das.“

Klaus J. Behrendt: „Ich glaube, wir sind mit dem großem Glück gestartet, gleich am Anfang sehr, sehr gute Geschichten zu erzählen. Das waren richtig gute Kracher-Geschichten. Das hat uns natürlich in die Karten gespielt.“

Dietmar Bär: „Und etwas Wichtiges, was mir im Nachhinein auch immer auffällt. Wir durften unsere ersten beiden Tatorte „Willkommen in Köln“ und „Bombenstimmung“, direkt hintereinander drehen, im Frühjahr 97. Im Herbst wurden sie auch kurz hintereinander gezeigt, im Abstand von zwei Wochen.“

Jetzt kommen Sie beide aus dem Ruhrgebiet und der „Tatort“ lebt ja auch viel vom regionalen Flair einer Stadt. Wie hat sich Ihre Beziehung zu Köln entwickelt?

Klaus J. Behrendt: „Wir sind ja nicht die einzigen Menschen aus dem Ruhrgebiet, die in Köln gelandet sind. In dieser wunderbaren Stadt kommen viele Menschen aus verschiedenen Ecken zusammen, das ist etwas Positives.“

Dietmar Bär: „Die Rhein-Ruhr-Region ist einfach ein Meltingpot. Ich erinnere mich, dass in unseren ersten Filmen viele junge Polizisten uns als Komparsen unterstützten, die auch aus dem Ruhrgebiet kamen. aber den Arbeitsplatz Köln bevorzugten. Wir sind hier in einem der größten Ballungszentren Europas, mit vielen Theatern, Stadien, Medien – viele Kölner identifizieren sich auch mit uns – ohne, dass wir in Nippes oder Ehrenfeld geboren sind.“

Klaus J. Behrendt: „Vieles ist abgerissen und neu gebaut worden seit wir hier angefangen haben, zum Beispiel am Rheinauhafen. So sind unsere Filme in den 25 Jahren auch so eine Art lebendiges Fotoalbum geworden. Und mit der Stadt haben auch wir uns verändert.“

Gibt es etwas, was Ihnen von den allerersten Dreharbeiten besonders im Gedächtnis geblieben ist?

Dietmar Bär: „Ja! Ich habe verschlafen an meinem ersten Drehtag. Klaus hatte zu dem Zeitpunkt schon zwei Drehtage hinter sich. An dem Morgen, als es auch für mich losgehen sollte, musste er an meine Tür im Hotel klopfen, um mich zu wecken. Ich habe mich wohl so schnell rasiert wie noch nie in meinem Leben. Von diesem ersten Drehtag gibt es ein berühmtes Foto, auf dem wir um die Ecke eines Güterwaggons gucken. Wenn ich das heute nochmal sehe, ist das die Geschichte, an die ich mich erinnere.“

Sie waren schon befreundet, als sie vor 25 Jahren beim „Tatort“ anfingen. Wie verändert die gemeinsame Arbeit die Freundschaft?

Klaus J. Behrendt: „Wenn wir uns sehen, reden wir nicht die die ganze Zeit über den ‚Tatort‘. Und wenn man drei Filme im Jahr zusammen macht, verbringen wir ziemlich viel Zeit miteinander. Nach Drehschluss muss man schon auch schauen, dass auch das andere Leben, die anderen Menschen wieder drankommen.“

Dietmar Bär: „In den ersten Jahren, als wir beide in Köln im Hotel untergebracht waren, haben wir zusammen mehr Zeit verbracht als mit unseren Partnerinnen. Wie Klaus sagt, funktionieren wir beide fast blind miteinander. Man hat dann auch mal eine gemeinsame Sicht auf die Dinge, was aber auch an unserer gemeinsamen Herkunft aus dem Ruhrgebiet liegen könnte.“

Haben denn die beiden Ermittler Wesenszüge von ihnen beiden?

Klaus J. Behrendt: „Nach 25 Jahren lässt es sich kaum vermeiden, dass es Parallelen gibt.“

Dietmar Bär: „Es muss ja auch aus uns selbst kommen, was wir spielen. Wir haben nichts anderes als uns. Daraus ergibt sich dann auch die Gefahr, dass manche denken, man sei mit der Figur verschmolzen. Aber sobald wird aus dem Kostüm schlüpfen, sind wir wieder Klaus und Dietmar.“

Gibt es in den 25 Jahren irgendwas, wo Sie sagen, das hätten wir vielleicht gerne anders dargestellt?

Klaus J. Behrendt: „Wenn man Geschichtenerzähler ist wie wir, dann muss man sich schnell davon verabschieden, es allen Menschen rechtmachen zu können. Wenn einem das klar ist, muss man sich davon auch nicht verrückt machen lassen. Aber wer für die Medien arbeitet, muss sich auch seiner Verantwortung bewusst sein.“

Dietmar Bär: „Glücklicherweise hat Joe Bausch auch schon oft sein Wissen als Mediziner eingebracht in unsere Dialoge. Wir sind sehr glücklich darüber, dass er uns da auch mal vor Fehlern schützt. Auch wenn er oft nur ein oder zwei Drehtage am Set ist, sind wir immer brüderlich miteinander verbunden.“

Lizzy, Franziska, Tobias und Jütte – wie das Verhältnis ist der beiden Ermittler zu ihren Assistenten und Assistentinnen?

Klaus J. Behrendt: „Für Ballauf und Schenk spielt das Team atmosphärisch eine große Rolle. Sie alle haben auch die Zeit geprägt, in der sie mit uns ermittelt haben – Anna Loos zu Beginn als Lissy Pütz war lange dabei. Dann Tessa Mittelstädt als Franziska Lüttgenjohann und Patrick Abozen als Tobias Reisser und jetzt ist Jütte da. Roland Riebeling ist als Norbert Jütte auch schon wieder über zehn Produktionen dabei.“

Dietmar Bär: „Sie sind das Salz in der Suppe auf der einen Seite und dann sind sie natürlich dramaturgisch die wichtigen Informationszuträger. Mit Roland Riebeling hatte ich vorher schon zusammen auf der Bühne gestanden. Mich hat es sehr gefreut, dass er jetzt als Jütte mit dabei ist. Ich halte ihn für einen hervorragenden Schauspieler und einen tollen Mitmenschen. Aber er hat sich auch diese Figur, die der Autor Johannes Rotter kreiert hat, mit Genuss genommen und sie schön ausgebaut. Wir dürfen aber auch KTUlerin Natalie Förster nicht vergessen, Tinka Fürst gehört einfach mit ins Ensemble.“

Sagen Sie uns doch, was wünschen Sie sich nach 25 Jahren?

Klaus J. Behrendt: „Ich wünsche mir auch für die Zukunft gute Arbeit mit guten Leuten, denn das ist gar nicht so selbstverständlich.“

Dietmar Bär: „Ich wünsche mir, dass wir beide, Klaus und ich, fit bleiben. Und dass uns die Leute weiterhin treu bleiben oder wir immer noch einen Stamm von Publikum haben, die das gerne haben, dass wir dreimal im Jahr mit einer neuen Geschichte auftauchen.“

Stand: 26.09.2022, 13.15 Uhr