Hirschhausen und Long-Covid – Die Pandemie der Unbehandelten

Hirschhausen und Long-Covid – Die Pandemie der Unbehandelten

Hirschhausen

Eckart von Hirschhausen im Gespräch mit der Hausärztin Anna Brock, die an Long-Covid nach Infektion und nach Impfung erkrankt ist. In einem individuellen Heilversuch lässt sie sich behandeln.
© WDR/Bilderfest

Der Sommer ist da und viele wollen von Corona nichts mehr hören. Doch es gibt eine Gruppe, deren Alltag weiter permanent von Corona bestimmt und eingeschränkt wird: Menschen mit Long-Covid. In seiner vierten Corona-Reportage widmet sich Eckart von Hirschhausen erneut den Langzeitfolgen der Covid-Erkrankung – zu sehen ist „Hirschhausen und Long-Covid. Die Pandemie der Unbehandelten“ ab 29.06.2022 in der ARD Mediathek. Bereits jetzt können akkreditierte Journalist:innen die Dokumentation im Vorführraum der WDR-Presselounge sehen.

Was ihn zu seinem vierten Corona-Film motiviert hat, das beschreibt Eckart von Hirschhausen in der WDR-Reportage so: „Nach meiner letzten Doku über Long-Covid haben mir unfassbar viele Menschen geschrieben. Menschen, die kaum Gehör finden. Für sie mache ich diesen Film. Es ist ein Film über Ärztinnen und Ärzte, die ihren Patientinnen und Patienten gerne helfen würden, doch denen die Unterstützung fehlt. Über verzweifelte Betroffene, die sich selbst helfen. Über Therapien, die kontrovers diskutiert werden. Und über Ärzte, die Long-Covid immer noch für ein Psycho-Problem halten. Und es geht auch darum, ob die Politik genug Verantwortung übernimmt.“

Keine Studien, keine Therapien

Viele Long-Covid-Betroffene, mit denen Eckart von Hirschhausen spricht, sind verzweifelt: Nach zwei Jahren Pandemie gibt es immer noch keine evidenzbasierten Therapien, noch immer treffen sie auf Ärzt:innen, die in ihrem Praxisalltag mit dem komplexen Krankheitsbild überfordert sind. Noch immer fehlt eine Task-Force und eine koordinierte Grundlagen-, Therapie- und Versorgungsforschung. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sagt im Film: „Wir haben längst eine Pandemie der unbehandelten Long-Covid-Patienten.“

Einige Ärzt:innen und Professor:innen behaupten immer noch, die Krankheit sei in erster Linie eingebildet, psychosomatisch. Andere denken, Long-Covid sei ein langsamer Heilungsprozess, den man nur abwarten müsse. Doch es ist eine schwere, andauernde Krankheit, die bei 20 Prozent der Long-Covid-Betroffenen zu starken Einschränkungen im Alltag bis hin zu massiven Behinderungen führt. „Das sind hunderttausende Menschen, die ohne Behandlung kaum Aussicht auf Besserung haben und deren Zustand oft chronisch wird. Es fehlen systematische Studien, aus denen Behandlungsmethoden und Medikamente resultieren, die den Betroffenen helfen. Und es gibt nur wenige Ärztinnen und Ärzte, die bereit sind, in der aktuellen Situation individuelle Heilversuche zu wagen“, so Eckart von Hirschhausen.

Mutige Pionierarbeit von Ärzt:innen und Patient:innen

Der Arzt und Moderator litt im Frühjahr selbst an Covid. Nach der Infektion Mitte März wurden bei einer Blutuntersuchung „micro-clots“ in seinem Blut diagnostiziert. Kleine Gerinnsel, vermutlich mitverantwortlich für Long-Covid. Er unterzieht sich einer experimentellen Behandlung, der Blutwäsche. Eine Therapie, die anschlägt? Jedenfalls berichten viele Long-Covid-Patient:innen, dass es ihnen danach deutlich besser geht. Eckart von Hirschhausen taucht ein in die Pionierarbeit von mutigen Ärzt:innen und Patient:innen, die auf eigenes Risiko handeln.

Bei seinen Recherchen lernt er auch ME/CFS-Erkrankte kennen: mindestens 250.000 Menschen leiden deutschlandweit an diesem postviralen Erschöpfungssyndrom. Auch sie warten seit Jahren auf wirksame Therapien. Ein Teil der Long-Covid-Patient:innen entwickelt dieses schwere Krankheitsbild ME/CFS. Charakteristisches Symptom ist ein totaler Erschöpfungszustand nach schon kleinen geistigen oder körperlichen Anstrengungen.

Eckart von Hirschhausen stößt auf ein weiteres Problem: Einige Menschen bekommen durch die Impfung das Post-Vakzin-Syndrom mit Long-Covid ähnlichen Symptomen. Auch diese Post-Vakzin-Patient:innen finden im Gesundheitssystem bislang kaum Gehör und müssen für eine sinnvolle Diagnostik und Behandlung lange kämpfen. Eckart von Hirschhausen ist der Meinung, dass auch drüber gesprochen werden muss: „Ja, eine Impfung kann zu sehr seltenen unerwünschten, vermutlich autoimmunen Nebenwirkungen führen. Darüber muss offen gesprochen und vor allem geforscht werden. Diese kleine Gruppe von Menschen braucht Anlaufstellen, Anerkennung und Unterstützung, sonst werden zukünftige Impfkampagnen es noch schwerer haben als bisher schon.“ Eckart von Hirschhausen trifft auch eine Ärztin, die nach einer Impfung sehr schwer an Long-Covid erkrankte und die ihre massiven Beschwerden durch experimentelle Heilversuche überwinden konnte. Ein wenig Hoffnung auf bessere Zeiten.

„Hirschhausen und Long-Covid. Die Pandemie der Unbehandelten“ ist eine Produktion der Bilderfest GmbH (Produzent: Stefan Otter, Buch und Regie: Kristin Siebert) im Auftrag des WDR (Redaktion: Daniele Jörg, redaktionelle Mitarbeit: Tina Srowig) für Das Erste.

Die ersten drei Corona-Filme „Hirschhausen auf Intensiv“, „Hirschhausen als Impfproband“ und „Hirschhausen – Corona ohne Ende?“ sind in der ARD Mediathek abrufbar.

Eckart von Hirschhausen ist zudem morgen, 29.06., zu Gast bei „maischberger“ (22:50 Uhr, Das Erste)

Stand: 28.06.2022, 15.00 Uhr