Nora Henes (Rolle: Naila)

Wie bist du zur Schauspielerei gekommen?

Nora Henes: Als ich sieben Jahre alt war, habe ich angefangen, Ballettstunden zu nehmen. Meine Mom meinte, ich hätte danach immer geweint und wollte lieber Hip-Hop machen. Das in Deutschland durchzuziehen war schwierig, es gab einfach nicht genügend Inspiration. Daher habe ich mir immer Tanzfilme angeschaut, war danach aber eher traurig als happy, da alles auf so unfruchtbaren Boden fiel. Mit acht Jahren habe ich dann mit Musicals angefangen. Wir sind viel gereist, ich habe gesungen und geschauspielert, meine Karriere aber für die Schule erstmal auf Eis gelegt. Mit 20 bin ich dann nach Vancouver gezogen und habe dort erst wieder das Künstlerische aufgegriffen. Ich hatte dort ein „Krump Battle“ miterlebt, das mich zu Tränen gerührt hat. Das ist nach Hip-Hop die neuzeitlichste Tanzform. Es geht um die Verarbeitung von Emotionen durch sehr aggressives Tanzen und kommt aus den Ghettos. Die Leute in Vancouver hatten ein besonderes Verständnis für diese tiefen Emotionen. Und statt auf die Straßen zu gehen und sich gegenseitig abzuknallen, machte man dort lieber ein Krump Battle. Danach habe ich beschlossen, ein Schauspielstudium an der Vancouver Film School zu beginnen, und so viel zu tanzen, wie ich nur kann.

Das klingt nach viel Energie und Kreativität. Wohin geht deine Reise, und fühlst du dich in Deutschland angemessen gesehen?

Nora Henes: Das ist tatsächlich eine interessante Frage. Ich war sehr geflasht, als Esra mich anrief und nachfragte, ob ich nicht Lust habe, bei dem Projekt mitzumachen. Sie hat mir dann das Drehbuch zu HYPE vorgelesen, das war so ein schöner Moment. Ich hab die ganze Zeit Gänsehaut bekommen von dem, was Esra und Patrick da in die Hand nehmen. Diese Geschichte, und die Art und Weise, wie sie die Serie aufbauen und erzählen. Das ist für mich auch tatsächlich das erste Mal, dass alle meine Talente zusammenkommen, also meine Model- und Schauspiel-Erfahrung und das Tanzen.

Wer ist Naila, die du in HYPE verkörperst"? Und was bedeutet der Name?

Nora Henes: Den Namen Naila finde ich toll. Naila ist für mich ein Mix aus meinen Lieblingsnamen: Leila wollte ich früher meine Tochter nennen, und der Name „Nala“ bedeutet Löwin. Naila ist ein sehr herzlicher, wunderschön umschriebener Character. Sie weiß, wie es ist, mit wenig aufzuwachsen und dann das Glück zu haben, in eine andere Welt aufzusteigen. Gleichzeitig ist sie jedoch in einem Zwiespalt zwischen ihren ursprünglichen Wurzeln und ihrem neuen Freigeist. Herzlichkeit und Zusammenhalt treffen auf Unterdrückung. In der Serie geht es für Naila um die Entscheidung: Möchte ich meinen Erfolg nutzen, um anderen damit zu helfen? Oder muss ich meinen eigenen Hintern retten? (lacht)

Um welchen Hype geht es denn in HYPE?

Nora Henes: Es geht um den Hype von wahren Gefühlen und wahrem Talent. Als ich ein Kind war, gab es in der Schule viele Vorfälle von Gewalt, sodass mein Zwillingsbruder mir gezeigt hat, wie ich Leute in den Schwitzkasten nehmen oder mich verteidigen kann. In HYPE geht es darum, den Wert des Schmerzes zu sehen, und wie er Menschen stark machen kann. Und dass andere Menschen, die das mitbekommen, sich dadurch auch verstanden und gehört fühlen können.

HYPE ist ein Herzblut-Projekt, oder?

Nora Henes: Ja, auf jeden Fall. Ich bekomme immer Gänsehaut, wenn ich sehe, wie Esra und Patrick eine eiserne Einheit sind. Sie stehen 1000-prozentig hintereinander und hinter dem Projekt, das finde ich wunderschön. Sie sind einfach echt: ein verheiratetes Paar, das viele Dinge, die es erlebt hat, verarbeitet, und dann noch ganz viele Leute mit ins Boot nimmt. Es war sehr respektvoll am Set. Alle sind total herzlich, es ist wie eine große Family.

Das Interview führte Sylke Blume.