Interview mit Soufiane El Mesaudi (Rolle: Musa)

Interview mit Soufiane El Mesaudi (Rolle: Musa)

Der 21-jährige Soufiane El Mesaudi ist Musiker und Schauspieler. Das Nachwuchstalent aus Köln-Porz begann schon als Teenager zu rappen und ist seit 2015 unter dem Künstlernamen SAFO bekannt. Er hat eine Lehre als Werkzeugmechaniker im Maschinenbau abgeschlossen. Als er 17 war, zog er von zu Hause aus und lebte zeitweise auch ohne festen Wohnsitz in Köln-Porz.

In HYPE spielt er die Hauptrolle Musa, der mit Anfang 20 versucht, seinen Weg zu finden. Der talentierte Rapper will seine Kunst leben und seine Familie unterstützen. Dabei scheint jedoch sein Umfeld eine genau Vorstellung davon zu haben, was er sein soll oder darf. So muss Musa sich selbst die Chancen schaffen, das zu werden, was er sein will, um seinen Hype zu bekommen.

Musa (Soufiane El Mesaudi) fährt nach dem geplatzten Labeldeal niedergeschlagen in sein Viertel zurück.

Musa (Soufiane El Mesaudi) fährt nach dem geplatzten Labeldeal niedergeschlagen in sein Viertel zurück.
© WDR

Soufiane El Mesaudi: Patrick Phul, der Produzent, hat mich vor zwei Jahren eingeladen, als das Projekt noch ganz am Anfang stand. Ich bin auch in Porz groß geworden und habe viele Szenen, die wir in HYPE spielen, auch so erlebt. Es kam oft vor, dass ich das Drehbuch gelesen und zu Patrick (Buch & Regie) gesagt habe, „Ey, die Szene habt ihr so und so geschrieben und ich hätte wirklich so reagiert.“ Ich danke Patrick und Esra sehr dafür, dass sie uns diese Chance geben. Zu erzählen, was abgeht. Wie wir leben, und welche Erfahrungen wir leider oft machen mussten.

Esra und Patrick Phul sind ein starkes Paar. Wie habt ihr voneinander gehört?

Soufiane El Mesaudi: Patrick hatte vor vielen Jahren in Porz eine Rap-Crew. Deren Videos hab ich gesehen, als ich noch ziemlich jung war. Irgendwann war ich dann derjenige, der die Leute auf Instagram unterhalten hat. Ich mache Musik unter dem Namen „Safo“. Und dann hat mir Patrick geschrieben und gesagt, „Ich find' cool, was du machst. Das und das habe ich vor, lass uns doch gerne zusammensetzen und darüber quatschen." Ich hätte am liebsten direkt 1000 Herzen geschrieben und habe mich super gefreut. Wollte aber natürlich professionell bleiben und meinte ganz cool: „Ja natürlich, können wir gerne machen.“ (lacht)

Das alles war vor der Pandemie. Hättest du dir später jemals gedacht, dass es tatsächlich zur Verwirklichung des Projekts kommt?

Soufiane El Mesaudi: Nee. Ich habe ungefähr ein Jahr mit an dem Projekt gearbeitet. Wenn der WDR nicht an das Projekt geglaubt hätte, wären wir alle sozusagen mit Nichts rausgegangen. Wegen der Pandemie hat sich die Umsetzung ziemlich hingezogen. In Porz-Wahn bin ich groß geworden, das ist meine Hood. So lange laufen wir hier schon am Edeka vorbei, gehen uns drinnen was zu Trinken holen, sitzen hier abends herum und vertrödeln unsere Zeit. Und heute sind wir mit einem ganzen Fernsehteam hier. Das habe ich noch nicht ganz verdaut.

Du bist selbst ein Kind aus Porz. Auch heute gibt es sie, die Kids in Porz und Chorweiler. Was sind ihre Probleme? Werden sie richtig gesehen?

Soufiane El Mesaudi: Nee, sie werden gar nicht gesehen. Ich verallgemeinere manchmal zu sehr. Aber aus Fairnessgründen mal aus dritter Perspektive gesehen, sprich: Ich bin jetzt mal kein Ausländer. Bin ich übrigens sowieso nicht, ich bin eigentlich Deutscher. Aber mal angenommen, ich sehe es nicht mit meinen eigenen Augen, dann muss ich leider sagen, dass viele es sich auch selbst zuzuschreiben haben. Viele wollen gar nicht etwas aus sich machen, oder sind zufrieden mit ihrem Leben. Aber es geht ja um die Leute, die sich immer darum bemühen, etwas zu reißen im Leben. Wie zum Beispiel ich. Ich habe eine Lehre als Werkzeugmechaniker im Maschinenbau gemacht. Wenn auf der Arbeit die Kacke am Dampfen war, rief mein Chef mich an und nicht den Kollegen, der schon zehn Jahre länger den Job machte. Ich hatte super Noten in der Berufsschule. Als ich dann meine Lehre verkürzen wollte, lehnte mein Chef aber ab. Ganz trocken sagte er: „Du bist einfach nicht gut genug.“ Das war natürlich Quatsch. Ich sollte einfach nur dreieinhalb Jahre für dieses wenige Geld arbeiten. Und die Erfahrung ist, was ich auch von vielen anderen gehört habe: Egal wie gut du bist, du bekommst einfach keine faire Chance.

Wie würdest du solche Zustände beschreiben?

Soufiane El Mesaudi: In Zeiten von Social Media und Handyvideos sind viele Menschen vorsichtiger mit rassistischen Äußerungen. Alles wird durch die Blume gesagt. Der Rassismus ist aber nicht verschwunden. Wie oft habe ich mitbekommen, dass sich jemand rassistisch über mich äußert, es aber schön verpackt. Ich sehe das an seinen Blicken. Ich weiß ganz genau, wie das gemeint war. Und auch das alte Schubladendenken ist noch da. Der eine ist Nazi, der andere Schwulenhasser, der Nächste dies und das. Du kannst dich im Endeffekt über nichts mehr richtig äußern. Rassismus gibt es und er ist immer noch sehr stark. Und an Punkten, wo es auf gar keinen Fall der Fall sein dürfte. Ich habe Situationen mit Polizisten erlebt … das kann man sich nicht vorstellen, dass sowas in Deutschland möglich ist.

Was macht HYPE so authentisch?

Soufiane El Mesaudi: Es gab ein paar Serien, die das erzählen sollten, was wir hier leben. Keiner hat es aber wirklich erlebt. Das ist so, als ob ich mein Leben lang Bäcker gewesen bin, und dir danach etwas übers Autobauen erzähle. Wir haben das alle gelebt, jeder einzelne hier. Ich bin von der Straße, das kann ich offen und ehrlich sagen. Ich wohne nicht mehr zu Hause, seit ich 17 bin. Und bin seitdem auch hier und da gewesen, habe auch eine Zeit ohne festen Wohnsitz gelebt. Wir kriegen jetzt die Chance, unsere Geschichte zu erzählen. Sehr oft habe ich den Vorteil, dass ich Szenen, die ich gerade spielte, mit Szenen vergleichen kann, die in der Vergangenheit wirklich passiert sind. Dann konnte ich mich super auf diesen Mood einstellen. Das ist der Knackpunkt am Ende des Tages. Wir erzählen, was passiert ist. Natürlich muss alles fiktiv bleiben, wir machen ja eine Serie. Es wird manches ausgeschmückt, aber es ist trotzdem alles real.

Worum geht es in HYPE?

Soufiane El Mesaudi: Wir haben alles mit drin, das ist das Geile: Liebe, Crime, Hate. Es geht um unseren HYPE. Es geht vor allen Dingen auch um meinen HYPE. Ich spiele Musa, und Musa will raus aus diesem Loch. Er hat keinen Bock mehr, Drogen verkaufen zu müssen oder bei irgendwelchen Drecks-Jobs in Nachtschichten abzuhängen, um gerade mal das Geld zu verdienen, womit er Essen und seine Miete zahlen kann. Es geht darum, dass wir es manchmal sehr schwer haben, auf gutem, legalem Wege erfolgreich zu werden, und wir deswegen ab und zu andere Wege gehen müssen. Eine sehr starke Line von mir, ist: „Jungs wie wir begehen trotz guter Absicht leider schlechte Taten.“ Mehr muss ich dazu glaube ich nicht sagen.

Das Interview führte Sylke Blume.

Stand: 14.04.2022, 14.00 Uhr