Ein Gespräch mit Patricia Ennenbach und Bianca Halbach über die Entwicklung von „Programmieren mit dem Elefanten“

Ein Gespräch mit Patricia Ennenbach und Bianca Halbach über die Entwicklung von „Programmieren mit dem Elefanten“

Patricia Ennenbach ist Softwareentwicklerin und Datenjournalistin. Sie hat auch bei der Entwicklung des WDR-Angebots „Programmieren mit der Maus“ mitgewirkt. Bianca Halbach ist Dozentin für Montessori-Pädagogik und Erzieherin in einer Kölner Kindertagesstätte. Beide haben „Programmieren mit dem Elefanten“ mitentwickelt.

Bianca Halbach
© WDR

Was hat Sie dazu bewogen, an der Entwicklung des Konzeptes teilzunehmen?

Bianca Halbach: „‘Programmieren mit dem Elefanten‘ war für mich ein spannendes Projekt, da ich zu Anfang dachte, Medien gehören noch nicht in den Kindergarten. Die Begleitung war für mich unheimlich spannend, weil ich erstmal selbst verstehen musste, was beim Programmieren passiert. Dann erschloss sich das Feld für mich, weil ganz viele Grundkompetenzen, die wir beim Programmieren brauchen, Fähigkeiten sind, die wir auch im Kindergarten vermitteln wollen. Wenn ich selbst verstehen lerne, wie Programmieren funktioniert, dann macht das Ganze auch schon bei jungen Kindern Sinn.“

Patricia Ennenbach
© WDR

Was ist bei „Programmieren mit dem Elefanten“ anders als bei „Programmieren mit der Maus“?

Patricia Ennenbach: „Computer sind ja erstmal ziemlich dumm. Man muss ihnen Schritt für Schritt sagen, was man von ihnen möchte. So lernt man bei ‚Programmieren mit dem Elefanten‘ Grundprinzipien kennen, die sich auch bei ‚Programmieren mit der Maus‘ wiederfinden: zum Beispiel die Grundlogik WENN-DANN (bei ‚Programmieren mit der Maus‘ in der Kombination WENN-DANN-SONST), die grundlegende Mechanik (‚Ich ziehe etwas zusammen und dann baut sich eine Art Programmcode auf‘), aber auch das Prinzip der Schleifen (‚Wie oft soll sich etwas wiederholen?‘).

Der größte Unterschied zwischen den beiden Angeboten ist die Lesefähigkeit der Kinder als Grundvoraussetzung: Damit man weiß, was die Blöcke machen, mit denen man bei ‚Programmieren mit der Maus‘ programmiert, muss man sie lesen können. Bei ‚Programmieren mit dem Elefanten‘ zieht man Kreise in Lücken, und das schaffen auch Kinder, die noch nicht lesen können.“

Welche Alltagserfahrungen von kleineren Kindern spielen beim Programmieren eine Rolle?

Patricia Ennenbach: „Das war unsere Ausgangsfrage bei der Entwicklung: Welche Prinzipien kennen Kinder aus ihrem Alltag, die beim Programmieren oder in der Informatik auch vorkommen? Ein solch grundlegendes Prinzip ist das WENN-DANN-Prinzip, auf dem die ‚Wenn-Dann-Maschine‘ beruht. Also: ‚Wenn Mama oder Papa eine Karte in einen Geldautomaten stecken, dann kommt da irgendwann Geld raus‘, oder ‚Wenn ich auf eine Ampel drücke, dann wird sie irgendwann grün‘.

Bei ‚Programmieren mit dem Elefanten‘ ist funktioniert es so, dass ich einen Kreis in eine Lücke ziehe und damit bestimme, was passiert, wenn ich danach auf den Elefanten oder auf den Hasen klicke. Dabei kann man lustige Sachen auslösen – zum Beispiel, dass der Elefant pupst oder dass der Hase ganz flauschig wird oder dass die Wolke und der Boden ihren Platz tauschen. Mit diesem Prinzip kann ich mir kleine Geschichten ausdenken und bestimmen, was die Figuren machen.“

Sie haben das Angebot mit Kindern getestet, wie sind Sie da vorgegangen?

Bianca Halbach: „Wir sind in den Kindergarten gegangen und haben dort Kleingruppen altersspezifisch zusammengestellt. Dann haben wir erfragt und ausprobiert, in welchem Zusammenhang die Kinder Computer schon kennen, was sie darüber wissen und ob sie wissen begreifen, wo Computer überall drinstecken. Gerade mit den Vorschulkindern haben wir viele Gespräche geführt. Es war sehr spannend zu sehen, was sie schon alles können, wer welche Berührungspunkte mit Computern zu Hause oder in ihrer Umwelt hatte. Wichtig war, dann den Bogen zu schlagen und festzustellen, dass Computer nicht das Offensichtliche sind, sondern dass jede Ampel, jede Spülmaschine oder jeder Aufzug ja auch einmal programmiert worden ist. Und dann mit den Kindern zu überlegen: Was heißt dieses ‚Programmieren‘? Es bedeutet, etwas steuern zu können.

Bei den Kindern ist erstaunlich viel hängengeblieben. Die Wenn-Dann-Bedingungen bei alltäglichen Situationen konnten die Kinder mit den Erfahrungen, die sie mit der ‚Wenn-Dann-Maschine‘ gemacht haben, verknüpfen. Zum Beispiel die alltägliche Situation: ‚Wenn ich mir die Schuhe anziehe, dann kann ich in den Garten gehen‘ übertrugen sie und sagten: ‚Das ist ja wie beim Computer, wenn ich dem Elefanten sage, er soll pupsen, dann pupst er nachher auch.‘

Bei den analogen Spielekarten von ‚Programmieren mit dem Elefanten‘, zum Beispiel den Karten, bei denen Elefant und Hase aufräumen sollen, handelt es sich um alltagsbezogene Dinge, die sie aus der KiTa oder von zu Hause kennen. Also: ‚Wenn wir rausgehen wollen, dann müssen sie vorher aufräumen.‘ Und wie funktioniert das, wenn ich einen Riesenhaufen vor mir habe? Erstmal scheint das Problem ganz groß, wenn ich dieses aber in einzelne Teilschritte zerlege, dann funktioniert es.‘

© WDR/Michael Schwettmann

Programmieren lernen generell und Programmieren lernen für kleine Kinder – warum ist das aus Ihrer Sicht wichtig?

Patricia Ennenbach: „Wenn Technik in immer größerem Maße unser Leben bestimmt, ist es für mich wichtig, dass auch immer mehr Menschen Anteil daran haben, wie diese Technik entwickelt wird. Sonst besteht eine große Ungleichheit. Wenn wir diese Ungleichheit überwinden wollen, brauchen wir ein gewisses Grundverständnis darüber, welche Grundlagen hinter Programmen liegen und welche Entscheidungen Programme auch über das eigene Leben treffen. Deswegen wollen wir Kindern Programmieren als Grundfähigkeit vermitteln, gar nicht, damit sie alle Programmierer:innen werden, sondern, damit sie mitbestimmen und auch mitgestalten können.“

Haben Sie Tipps für Pädagog:innen und Eltern?

Bianca Halbach: „In der Auseinandersetzung mit ‚Programmieren mit dem Elefanten‘ hat es mir selbst Riesenspaß gemacht, herauszufinden, wie so etwas funktioniert: Wie sind die Schritte? Wie setzt sich etwas zusammen? Und zu erkennen, dass das große Ganze kein Mysterium ist, sondern etwa ganz Natürliches. Pädagog:innen rate ich, sich einfach mal einzelne Kapitel aus dem Begleitmaterial vorzunehmen. Dort gibt es Arbeitskarteien für Erzieher:innen, die den Einstieg erleichtern. Also einfach mal einlesen, ein Grundverständnis für das Programmieren bekommen und dann gemeinsam auf Entdeckungstour gehen und mit den Kindern lernen.

Für Eltern gilt das Gleiche. Der Medienzugang zu Hause besteht oft darin, dass Kinder mal am Tablet etwas spielen dürfen, sie bedienen das ganz gut und schnell, verstehen aber nicht unbedingt das dahinterliegende Prinzip. Also gemeinsam einfach mal mit dem Kind ausprobieren, was dahinter steckt.

Ich finde es wichtig, etwas wirklich zu verstehen. Wenn ich das Gefühl habe, ich kann selber etwas ausprobieren, ich kann selber etwas steuern, ich bin selber für etwas verantwortlich, dann stärkt das auch mein Selbstbewusstsein und ich kann mich weiterentwickeln.“

Was ist dein Highlight der Wenn-Dann-Maschine?

Patricia Ennenbach: „Ich bin begeistert, dass es ein Baukastensystem ist, mit dem man verschiedene Dinge miteinander verknüpfen kann und zwar immer wieder anders. Außerdem finde ich gut, dass es kein ‚richtig‘ oder ‚falsch‘ gibt und kein bestimmtes Ziel erreicht werden muss.

Die ‚Wenn-Dann-Maschine‘ hat zwar verschiedene Level und das, was das was das Kind bestimmen kann, steigt in der Komplexität und Schwierigkeit. Trotzdem kann sich das jedes Kind anders zu eigen machen. Jedes erfindet andere kleine Geschichten und gestaltet so für sich selbst, wie etwas aussehen soll. Es ist immer etwas, was das Kind selber gemacht hat und wobei es selber Spaß hat.“

Stand: 09.12.2021, 14.00 Uhr