Marc Elsberg (Romanvorlage)

WDR-Fernsehfilm „ZERO“

Marc Elsberg (Romanvorlage)

Marc Elsberg
© picture alliance/APA/picturedesk

Wie gefällt ihnen der Film?

Sehr gut! Das Drehbuch hat den Stoff gut in die Gegenwart beziehungsweise in die nahe Zukunft gebracht, die Regie hat eine ganz eigene Stimmung geschaffen und das Ensemble der Schauspielerinnen und Schauspieler ist sowieso großartig!

Inwieweit hat uns die Zukunft bereits eingeholt, die Sie 2014 in ZERO beschreiben haben?

Sie war zum großen Teil schon damals Realität, vieles ist seitdem noch deutlicher geworden. Smart-Watches, die permanent alle möglichen Körperfunktionen und Verhalten tracken, sind inzwischen Mainstream-Modeartikel. Programme, die uns helfen sollen, uns selbst zu „optimieren“, ebenso. Und wir haben große Wahlbeeinflussungsversuche durch Social Media erlebt, um nur einige Beispiele zu nennen.

2025 ist nicht weit hin – was ist Ihre aktuelle Vorstellung von dieser Zeit?

Bezüglich der Überwachungs-, Selbstoptimierungs- und Nudginggesellschaft wird sich in den Auswirkungen nicht viel ändern, auch wenn sich die Technologien dahinter gerade ändern.

Was war Ihre erste Reaktion, als Sie von den Filmplänen gehört haben? Überwiegt die Angst, etwas aus der Hand zu geben oder die Freude, den Figuren zu begegnen, die man selbst erschaffen hat?

Ich habe zwanzig Jahre lang in der Werbung gearbeitet und dabei gelernt, dass man Geschichten in verschiedenen Medien auch unterschiedlich erzählen muss, um die Möglichkeiten des jeweiligen Mediums optimal zu nützen. Deshalb war klar, dass der Film etwas anders an die Geschichte und die Figuren herangehen muss als das Buch. Es ist mir wichtig, dass der Kern der Geschichte herausgearbeitet und umgesetzt wird. Und das finde ich, ist gelungen.

Die Act App soll die Menschen dazu bringen, immer das Richtige zu tun. Denken Sie, eine App ist dazu fähig, einen Menschen so sehr zu beeinflussen, dass er sich in seinem Wesen komplett ändert?

Wenn die App es richtig macht, kann man damit viel erreichen – so wie mit anderen Strategien zur Beeinflussung ja auch, von Werbung über Gamefication und Nudging bis zu Psychotherapie.

Vollkommene digitale Durchsichtigkeit – wie real ist diese Vorstellung, dass eine Brille unsere geheimsten Daten preisgibt?

Als ich das Buch schrieb, kam gerade die erste Generation von Datenbrillen auf den Markt, die sich damals noch nicht in der Breite durchsetzten, sehr wohl aber längst in diversen Berufen etabliert sind. Nun erscheint – pünktlich zum Film – die zweite Generation. Das Bewusstsein um den Datenschutz – und zum Teil die Gesetzeslage – haben sich aber inzwischen geändert. Trotzdem kann man online weiterhin sehr viel über die meisten Menschen herausfinden. Und wenn man das kann, dann kann man das auch mit der Brille. Die ist diesbezüglich ja nichts anderes als ein Handydisplay, nur direkt auf der Nase.

Worin sehen Sie die größten Gefahren der Digitalisierung und worin den größten Nutzen?

Die größten Gefahren sehe ich darin, dass wir als Menschen die Systeme nicht mehr durchschauen und kontrollieren können, weil sie in vielen Bereichen längst zu schnell und komplex für menschliches Alltagsverständnis und -tempo sind, Stichwort „Machine Learning“, auch „künstliche Intelligenz“ genannt. Dass wir aber trotzdem zunehmend Aufgaben an diese Systeme auslagern und uns auf sie verlassen.

Darin liegt aber auch der große Nutzen, dass man eben vieles an sie delegieren kann. Wir müssen aber Mittel und Wege finden, sie zu regulieren und zu kontrollieren. Und – wie in anderen Bereichen auch – Fallback-Strukturen zu erhalten beziehungsweise zu schaffen, die einspringen können, falls diese komplexen Systeme dann doch einmal ausfallen.

Woher nehmen Sie die Ideen für Ihre Geschichten?

Ich verfolge aufmerksam, was in der Welt vor sich geht.

Stand: 29.09.2021, 14.30 Uhr