WDR zeigt Filme und Diversity-Talk mit Bettina Böttinger

Queerer Schwerpunkt in Mediathek und Fernsehen

WDR zeigt Filme und Diversity-Talk mit Bettina Böttinger

50 Jahre ist es her, dass Rosa von Praunheims Film „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ erschien. Der vom WDR beauftragte Film wurde damals von Skandalen begleitet und gilt heute als Auslöser der deutschen Schwulenbewegung. Der WDR nimmt das Jubiläum zum Anlass für den Programmschwerpunkt „Queer – damals und heute“ am 4. und 5. Juli 2021 im WDR Fernsehen und in der ARD-Mediathek. Neben dem von-Praunheim-Film und einer Publikumsdiskussion dazu aus dem Jahre 1973 werden mit „Jonathan“, „Die Geschwister“ und „Die Mitte der Welt“ drei weitere Filme gezeigt. Zudem lädt Bettina Böttinger an ihrem 65. Geburtstag (4.7.) queere Menschen zum Gespräch rund um die Frage „Was hat sich in den letzten 50 Jahren in unserer Community getan, wo stehen wir heute?“. Alle Filme und Talks sind online first ab dem 3. Juli im WDR-Channel der ARD-Mediathek abrufbar. Dort ist unter dem Queer-Schwerpunkt auch der Film „Unser Kind“ zu finden, der anlässlich des Diversity-Tags am 18. Mai im WDR Fernsehen zu sehen war.

Die einzelnen Programmpunkte

„Queer in 2021“ – Talk mit Bettina Böttinger (4.7., 22.30 bis 23.30 Uhr und online first in der ARD-Mediathek)

Moderatorin Bettina Böttinger
© WDR/Melanie Grande

Journalistin und Moderatorin Bettina Böttinger trifft sich an ihrem 65. Geburtstag mit queeren Menschen zum Gespräch und fragt: Was hat sich getan in den letzten 50 Jahren in unserer Community, wo stehen wir heute? Was ist selbstverständlich geworden und was muss sich noch ändern? Wie tolerant begegnet unsere Gesellschaft queeren Lebensentwürfen? Und wie sieht es wenige Kilometer weiter aus, zum Beispiel in Polen oder Ungarn? Zu den Gästen von Bettina Böttinger, die sich für den Dialog zwischen Menschen und Kulturen engagiert, zählen unter anderem die Studentin Hana Corrales, Schauspieler und Moderator Jochen Schropp und Reality-TV-Darsteller Nicolas Puschmann. Neben gesellschaftspolitischem Austausch bleibt auch Zeit für emotionale, unterhaltsame und „queere“ Geschichten aus dem Leben von Böttingers Gästen. Die Sendung wurde vorab aufgezeichnet.

Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt (Spielfilm, BRD 1971, 4.7., 23.30 bis 0.35 Uhr und online first in der ARD-Mediathek)

© WDR

Daniel, ein junger Mann, der einige flüchtige Erlebnisse mit Männern hatte, lernt nach dem Umzug in die Großstadt Clemens kennen. Beide sehnen sich nach einer tiefen, dauerhaften Beziehung und leben eine Zeit lang intensiv zusammen. Doch bald erweist sich ihre Lebensgemeinschaft als sentimentale Parodie einer Ehe. Daniel begegnet einem älteren Mann, von dem er sehr fasziniert ist. Bis ihn die kalte Art dieses Mannes und dessen Freunde, die in ihm nur ein sexuelles Objekt sehen, abstößt. Er sucht bekannte Treffpunkte auf, verliert seine Hemmungen und findet Spaß daran, die Partner schnell zu wechseln. Daniel wird immer stärker von seiner Triebhaftigkeit abhängig. Aus einer hektischen, neurotischen Umgebung findet er zu einer Gruppe junger Männer, die durch Diskussion und organisiertes Zusammenleben ein neues Bewusstsein entwickeln wollen.

Publikumsdiskussion zu „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ (Nacht vom 4. auf den 5.7., 0.35 bis 2.10 Uhr und online first in der ARD-Mediathek) aus dem Jahr 1973

Gäste: die Autoren des Films Rosa von Praunheim und Martin Dannecker, Moderator: Reinhard Münchenhagen

Die Mitte der Welt (Spielfilm, Deutschland 2016, Nacht vom 4. auf den 5.7., 2.10 bis 4 Uhr und online first in der ARD-Mediathek)

© WDR/Neue Schönhauser Filmproduktion

Phil (17) ist auf der Suche. So wenig er über seine Vergangenheit und vor allem seinen Vater weiß, so chaotisch ist seine Gegenwart: Mit seiner Mutter, die mal wieder einen neuen Liebhaber hat, der allerdings nicht so schnell aufzugeben scheint wie seine Vorgänger. Mit seiner Zwillingsschwester Dianne, die sich immer mehr in ihre eigene Welt zurückzieht. Gut, dass wenigstens auf seine beste Freundin Kat Verlass ist. Dann passiert es: Ein neuer Schüler betritt nach den Sommerferien die Klasse und Phil verliebt sich unsterblich. Nicholas scheint seine Gefühle zwar zu erwidern, doch er gibt Phil auch viele Rätsel auf. Das Chaos ist perfekt. Phils Suche nach seiner Mitte der Welt wird immer drängender. „Die Mitte der Welt“ ist die Verfilmung des gleichnamigen Jugendromans von Andreas Steinhöfl aus dem Jahr 1998.

Jonathan (Spielfilm, Deutschland 2016, Nacht vom 3. auf den 4.7., 0.40 bis 2.10 Uhr und online first in der ARD-Mediathek)

Jonathan ist 23 und lebt auf dem Bauernhof seiner Familie. Sein Vater Burghardt hat Krebs und weiß, dass er sterben wird. Jonathan kümmert sich selbstlos um Burghardt, doch er spürt, dass etwas zwischen ihnen steht. Da sich Burghardts Zustand zusehends verschlechtert, stellt Jonathans Tante Martha die Pflegerin Anka ein. Jonathan ist fasziniert von der Leichtigkeit, mit der sie den essenziellen Fragen des Lebens begegnet, und verliebt sich in sie. Als Burghardts verschollen geglaubter Jugendfreund Ron auftaucht, blüht Burghardt regelrecht auf. Für Jonathan ist Ron jedoch ein Eindringling. Als ans Licht kommt, dass sein Vater schwul ist, bricht für Jonathan eine Welt zusammen. Der Film thematisiert innere Konflikte und Probleme mit der Akzeptanz von Homosexualität im familiären Umfeld.

Die Geschwister (Spielfilm, Deutschland 2016, Nacht vom 3. auf den 4.7., 2.10 bis 3.35 Uhr und online first in der ARD-Mediathek)

Thies arbeitet für eine Immobilienverwaltung in Berlin. Unter der Hand besorgt er einem polnischen Geschwisterpaar eine kostenlose Wohnung. Doch Großzügigkeit ist nicht sein einziges Motiv. Thies beginnt eine Affäre mit dem Bruder – und taucht Schritt für Schritt tiefer in das Geheimnis der „Geschwister“ ein... Drei junge Menschen auf der Suche nach einem möglichen Zuhause – in einem Berlin der großen Freiheit und Wohnungsknappheit, zwischen Solidarität und gegenseitigem Handel.

Diversity-Engagement des WDR

Am 4. und 5. Juli liegt der programmliche Fokus auf dem Thema Homosexualität rund um den Film von Rosa von Praunheim, der die Schwulenbewegung geprägt hat. Andere queere Dimensionen hat der WDR kürzlich in der Mediathek und im Fernsehen aufgegriffen, z.B. am Diversity-Tag am 18.5. sowie im Pride Month Juni. Auch die aktuellen Programme des WDR in Hörfunk, Online und Fernsehen beschäftigen sich immer wieder mit queeren Themen.

Der WDR hat eine lange Vielfaltstradition. Er war beispielsweise der erste Sender innerhalb der ARD, der eine feste Stelle für eine*n Integrationsbeauftragte*n geschaffen hat. 2007 unterzeichnete der WDR als erste Rundfunkanstalt die Charta der Vielfalt für die Verankerung von Vielfalt in Wirtschaft und Gesellschaft. Seit 2014 gibt es einen Diversity-Beirat im WDR, unter der Leitung der stellvertretenden Intendantin Eva-Maria Michel. Leitgedanke und zugleich Ziel der Arbeit im WDR: Die Vielfalt der Gesellschaft, ihre unterschiedlichen Lebenswelten und Perspektiven, in den Programmen und in der Belegschaft abzubilden – und zwar selbstverständlich und ohne Erklärungszwang.

Auch 3sat beschäftigt sich mit queerem Cinema

Ab dem 3.7. ist auch die Dokumentation „Queer Cinema. Eine Reise durch 100 Jahre deutschen Film“ in der 3sat-Mediathek abrufbar (am 17.07. um 19:20 Uhr im linearen 3sat-Programm). In der Dokumentation wird der Frage nachgegangen, wie queer der deutsche Film war, ist und in Zukunft sein wird. Unter anderem wird Rosa von Praunheims Film „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ (1971) thematisiert und Ausschnitte aus der WDR-Diskussionsrunde zu sehen sein.

Stand: 23.06.2021, 17.00 Uhr