Nina Wolfrum (Regie)

"Tatort" aus Köln: "Wie alle anderen auch"

Nina Wolfrum (Regie)

Studium und Ausbildung in Köln | „Wie alle anderen auch“ ist der zweite »Tatort« mit Ballauf und Schenk, bei dem Nina Wolfrum Regie führt. Ihr »Tatort – Niemals ohne mich« (2020) behandelte auch ein gesellschaftliches Thema: Hier ging es um das Schicksal von Scheidungskindern; auch dafür hatte Jürgen Werner das Drehbuch geschrieben. FILME/FERNSEHEN »Nord bei Nordwest – Ein Killer und ein Halber« (2019), »Tatort – Niemals ohne mich« (2020), »Nord bei Nordwest – Der Anschlag« (2020), »Milk & Honey« (2018), »Großstadtrevier« (2015-2017), »Heldt« (2016) | AKTUELL Der von Nina Wolfrum inszenierte Film „Conny und Maik“ aus der Reihe »Nord bei Nordwest« feierte im Januar 2021 einen großen Erfolg: 8,55 Mio. Zuschauer schalteten ein.

Katharina Diessner und Nina Wolfrum
© WDR/Martin Valentin Menke

Nina Wolfrum über „Wie alle anderen auch“

Ballauf und Schenk spielen nicht die Gutmenschen, aber sie haben Herz und eine Haltung. Am Schluss geben sie Ella die Chance, die wir uns für sie wünschen. Wir haben ganz bewusst die Frauen auf der Straße in den Fokus genommen. Denn sie haben es besonders schwer. Auffallend ist, dass viele obdachlose Frauen unsichtbar sind. Das liegt daran, dass sie lange an einer äußeren und gleichsam inneren Struktur und Ordnung festhalten. Sie wollen unentdeckt bleiben, nicht als obdachlos erkannt werden.

„Den klassischen Obdachlosen“ gibt es nicht mehr, hatte zeit.de in einem sehr eindringlichen Artikel attestiert, auf den ich während meiner Vorbereitung stieß. Demnach trifft Obdachlosigkeit zunehmend die Mittelschicht. Also auch Menschen, die tagsüber einem Beruf nachgehen und die abends draußen oder in ihrem Auto ihren Schlafplatz aufschlagen. Vor diesem Hintergrund wollte ich Frauen erzählen, die uns nicht fremd, sondern im Gegenteil beängstigend nah kommen, weil sie „Wie alle anderen auch“ im Leben mal für etwas anderes angetreten sind, Pläne hatten, wie jede von uns, aber dann an irgendeinem Punkt die Orientierung verloren haben und den Boden unter den Füßen.

Die Geschichten, die Schicksale und Tragödien, die dazu geführt haben, sind vielfältig und erzählenswert. Doch im Vordergrund stand für mich die Erkenntnis, dass das grundsätzlich passieren kann, vielleicht jedem von uns. Als wir für dokumentarische Aufnahmen an einem Wochenende in der Kölner Innenstadt unterwegs waren und ich mit Kölner Obdachlosen sprach, war das für mich die persönlichste und intensivste Erfahrung, die ich während der gesamten Dreharbeiten machen durfte. Und ich musste mir eingestehen, dass auch ich bis dahin eine Hemmschwelle hatte, die ich überwinden musste. Allein die Kontaktaufnahme, das Ansprechen, das war wie das Übertreten einer roten Linie. Auf einmal waren diese Menschen nicht mehr unsichtbar. Das wollte ich unbedingt auch im Film spürbar machen. So ist am Ende des Films der Blickkontakt zum Zuschauer entstanden. Eine der obdachlosen Frauen sagte zu mir: „Der Kölner Tatort, wie schön… den habe ich damals immer gern geguckt."

Stand: 19.02.2021, 14.00 Uhr