"Das müssen wir besser machen" - WDR reagiert auf Sendungskritik

"Das müssen wir besser machen" - WDR reagiert auf Sendungskritik

Die WDR-Sendung "Die letzte Instanz", die am 29. Januar 2021 im WDR Fernsehen als Wiederholung ausgestrahlt wurde, hat für harte Kritik gesorgt. Der Vorwurf: In der Runde sitzen fünf weiße Menschen, die über Rassismus diskutieren und urteilen. Der WDR zeigt sich selbstkritisch und hat Fehler eingeräumt. WDR-Unterhaltungschefin Karin Kuhn nimmt zu den Vorwürfen Stellung.

Karin Kuhn

Karin Kuhn, WDR-Unterhaltungschefin
© WDR/Dirk Borm

Wie sehen Sie die Kritik?

Karin Kuhn: Die Kritik ist absolut berechtigt, und ich kann sie sehr gut nachvollziehen. Ich möchte mich dafür entschuldigen, dass wir diese ernsten Themen in einer so unpassenden Gästezusammenstellung produziert und ausgestrahlt haben. Ich kann es nicht anders ausdrücken: Diese Folge von "Die letzte Instanz" ist misslungen. Das hätten wir anders und besser machen können und müssen.

Was waren aus Ihrer Sicht die Fehler dieser konkreten Folge?

Kuhn: Das Wichtigste: Die Zusammensetzung der Gäste und die diskutierten Themen passen nicht zusammen. Natürlich können wir diese Gäste einladen, dann müssen wir aber über andere Fragen diskutieren. Oder anders herum: Wenn man so ein Thema diskutiert, dann müssen wir auch mit den Menschen sprechen, die es direkt betrifft bzw. um die es dort geht. Das ist das größte Versäumnis an dieser Stelle. Mittlerweile haben sich auch der Moderator und einige Gäste sehr selbstkritisch geäußert. Die Auseinandersetzung, die wir momentan erleben, ist dringend notwendig. Ich fände es wichtig, wenn wir dabei fair miteinander umgehen.

Sind das denn überhaupt die richtigen Themen für eine Unterhaltungssendung?

Kuhn: Grundsätzlich finde ich schon, dass auch in Unterhaltungssendungen ernste Themen angesprochen werden können oder sogar müssen. Dafür haben wir viele Beispiele in verschiedenen Formaten. Wir haben uns auch schon in vielen Unterhaltungssendungen des WDR mit dem Thema Rassismus beschäftigt. Ich denke da zum Beispiel an den Rassismus-Brennpunkt im "Ersten weißen deutschen Fernsehen" in der Carolin Kebekus Show. Auch bei "Die letzte Instanz" haben wir in der Vergangenheit über sehr ernste Themen gesprochen: zum Beispiel Sterbehilfe. Der Unterschied bei dieser zurecht kritisierten Folge ist, dass die Themen zu der Gästezusammenstellung nicht passten.

Diese Sendung war ja eine Wiederholung. Warum wurde die Sendung überhaupt wiederholt?

Kuhn: Das war der zweite große Fehler: Die Sensibilität kam in diesem Fall leider erst durch die zurecht große Empörung. Warum man erst von außen bei dieser Folge darauf gestoßen werden muss, besprechen wir gerade mit allen Beteiligten. Dabei geht es auch um die Frage: Was lernen wir daraus und machen wir in Zukunft besser?

Warum wird das Video nicht aus der Mediathek gelöscht?

Kuhn: Löschen heißt nicht, dass man ein Problem gelöst hat. Die Sendung ist missglückt und sie wird scharf kritisiert und diskutiert. Schon alleine aus Transparenzgründen sollte die Sendung deshalb in der Mediathek bleiben. Wir haben die Sendung in der Mediathek mit einem Text versehen, der sie einordnet und der deutlich macht, dass wir sie für verfehlt halten und das auch unumwunden einräumen.

Der WDR hat gestern gesagt: "Wir werden daraus lernen und es beim nächsten Mal besser machen". Was genau wollen Sie besser machen?

Kuhn: Wir sind sehr selbstkritisch. Es ist ärgerlich, dass etwas, das eigentlich selbstverständlich sein sollte, hier einfach nicht passiert ist. Wir müssen an dieser Stelle einfach sensibler sein - und dort wo wir es noch nicht sind sensibler werden. BIPoC und andere Minderheiten mit Diskriminierungserfahrungen machen zu recht immer wieder darauf aufmerksam. Wir brauchen weiterhin eine nachhaltige Diskussion in allen Bereichen darüber, wie wir mit Sprache umgehen und uns mit dem Thema Rassismus in den Medien auseinandersetzen. Und hier möchte ich ohnehin ansetzen: Wie schaffen wir es, in unserer Belegschaft, bei unseren festen und freien Mitarbeiter*innen, in unseren Auftragsproduktionen, noch diverser zu werden – und vor allem diverser zu denken und handeln?

Was muss hier im WDR noch passieren?

Kuhn: Der WDR hat sich in den vergangenen Jahrzehnten sehr stark gemacht für die Themen Integration und Diversity – so stark wie kaum ein anderer Sender. Wir haben im WDR die erste Integrationsbeauftragte und konkrete Programme wie "WDR grenzenlos", die gezielt Mitarbeiter*innen mit Migrationsbiographie in den WDR holen. Und das ist besonders wichtig, denn wir brauchen diese Perspektiven. In der Unterhaltung haben wir in den vergangenen Jahren zum Beispiel mit Rebell Comedy die Perspektiven erweitert. Schauen Sie sich den emotionalen und erkenntnisreichen Black Lives Matter-Talk bei der 1LIVE Krone mit Mona Ameziane an, den wir gemacht haben. Wir müssen diese Erfahrungen in unseren Programmen berücksichtigen. Wir tun das bereits – aber wir müssen da unbedingt besser werden.

Stand: 01.02.2021, 18.00 Uhr