Benaissa Lamroubal im Interview

Benaissa Lamroubal im Interview

Sobald Ben seinen Migrationshintergrund bei Auftritten thematisiert, hat er beim Publikum Erfolg. Kommen „die Deutschen“ mit Klischees besser zurecht?

Ich denke, das trifft nicht nur auf "Deutsche" zu. Viele Menschen kommen mit Klischees und Schubladen besser klar. Das ist einfacher und man braucht den Schrank nicht immer neu aufbauen. Allerdings erreichen wir in Deutschland langsam ein Level, wo ein neuer Schrank her muss. Die Schubladen passen nicht mehr. Und der Schrank wurde von unseren Großeltern aufgebaut und ausgesucht. So sehr wir uns auch dran gewöhnt haben. Das System braucht ein Update!


Was ändert sich, als Ben bei seinem Auftritt das Kostüm ablegt und spontan eine persönliche Geschichte seines Vaters erzählt, die das Publikum zum Lachen bringt?

Benaissa Lamroubal
© WDR/Rebell Comedy

Er legt das Kostüm ab. Das ist eigentlich schon die Antwort. Er öffnet sich auch. Erzählt etwas aus seinem echten Leben. Der Migrationshintergrund spielt da natürlich immer noch eine kleine Rolle, aber auf eine natürliche Weise. Ben hat einen marokkanischen Vater. Das ist Fakt. Mit Islam, Terrorismus und dem Leben eines echten "Marokkaners" hat er aber weniger zu tun. Diese Geschichten kann er, selbst wenn er wollte, nicht wirklich erzählen. Er entscheidet sich, eine Geschichte zu erzählen, die nicht von irgendeinem Autor stammt, sondern das zu erzählen, was er wirklich erlebt hat.


Haben Sie auch einen persönlichen Migrationshintergrund, der Sie begleitet? Wie sieht dieser aus und wann haben Sie ihn zum ersten Mal gesehen?

Ja, ich denke schon. Den hat glaub ich jeder. Je nachdem, wo man sich bewegt, sieht dieser auch anders aus. Manchmal ist es ein deutscher, manchmal ein marokkanischer Hintergrund. Das Problem ist, dass man seinen eigenen Hintergrund ja nicht sieht. Man sieht eher den Hintergrund anderer Menschen. Ich wurde auch schonmal für einen Brasilianer gehalten. Diese Frage müsste man eigentlich eher dem Beobachter als dem Beobachteten stellen. Was die Menschen genau bei mir sehen, unterscheidet sich von Mensch zu Mensch und lässt sich schwer sagen.

Warum kann Ben seinen eigenen Migrationshintergrund nicht sehen, sein Freund Ramon aber schon?

Ramon ist nicht normal. Er spürt auch Auren und versteht die Sprache der Träume. Ich glaube, das ging alles los, nachdem er das Ayahuasca damals getrunken hat, als er in Peru war. Seitdem ist er ein Fehler in der Matrix und bewegt sich ab und zu mal zwischen mehreren Dimensionen hin und her.

Rap/Hip Hop begleitet die Zuschauer*innen durch die gesamte Serie. Welche Rolle spielt Rap/Hip Hop für das Lebensgefühl vieler Migrationskinder der 2. Generation?

Rap/HipHop spielt für das Lebensgefühl ALLER Menschen eine große Rolle. Es ist ein weltweites Ding geworden. Elvis Presley, Bob Marley, Michael Jackson, Tupac Shakur. Dieselbe Rolle wie damals Rock, Reggae oder auch Pop. Pop heutzutage ist sogar mehr HipHop als alles andere.

Zum Inhalt von ETHNO:

Ben – gespielt von Benaissa Lamroubal – ist Sohn eines Auswanderers aus Marokko. Die Latte hing hoch, als er ein Ingenieurstudium aufnahm. Denn sein Vater hat seine Heimat verlassen, damit es seinen Kindern mal besser geht. Nun dankt es ihm sein Sohn, indem er auf ganzer Linie versagt. Noch weiß der Vater nicht, dass Ben längst nicht mehr zur Uni geht. Und nichts fürchtet der Studienabbrecher mehr, als in den Augen des Vaters die Enttäuschung über ihn zu lesen. Zum Glück ist Ben nicht allein. Er kann auf den Rat seines Freundes Ramon zählen. Ramon kennt sich aus und überrascht stets mit neuen Ideen – vom kreativen Cannabis-Deal bis hin zum Design und Vertrieb erotischer Schuhmode. Bens einflussreichster Ratgeber ist aber sein persönlicher „Migrationshintergrund“, der sich ständig in den Vordergrund drängt. Natürlich nur, weil er es gut mit Ben meint.

Stand: 12.10.2020, 11.45 Uhr