„Drei minus“ für die digitale Ausstattung an deutschen Schulen
Exklusive WDR-Umfrage im Rahmen der ARD-Themenwoche „Zukunft Bildung“:
„Drei minus“ für die digitale Ausstattung an deutschen Schulen
Schlechte Ausstattung mit Hard- und Software, keine ordentliche Wartung vorhandener Technik und zu wenige Fortbildungsmöglichkeiten für die Lehrerinnen und Lehrer – diese drei Kritikpunkte werden von Schulleiter*innen im Rahmen einer deutschlandweiten Umfrage zur ARD-Themenwoche „Zukunft Bildung“ immer wieder genannt. 5.259 Schulleiter*innen haben sich an der Umfrage beteiligt und bewerten die Digitalausstattung an ihrer Schule sowie die Qualifizierung der Lehrkräfte mit der Schulnote „Drei minus“. Besonders unzufrieden sind Grundschulen mit der Ausstattung an Tablets und interaktiven Tafeln („Smartboards“). Um einen besseren IT-Support zu gewährleisten, sehnen sich viele Schulleiter*innen nach einem „digitalen Hausmeister“. Und auch die befragten Schüler*innen sehen Handlungsbedarf.
Die Umfrage-Ergebnisse im Detail
Die ARD hat Schulleiter*innen aller Schulformen in ganz Deutschland befragt, wie es um die Digitalisierung an ihrer Schule steht. 5.259 Schulleiter*innen haben sich an der Umfrage beteiligt. Zudem wurden auch Schüler*innen im Alter von 14 bis 20 Jahren in ganz Deutschland im Auftrag der ARD befragt. Das Ergebnis ist eindeutig: Die digitale Ausstattung der Schulen bekommt keine Bestnoten. Als „noch befriedigend" bewerten die Schulleiter*innen die Versorgung mit Tablets, WLAN und Co.
Heftige Kritik an der Ausstattung mit Tablets an Grundschulen
Tendenziell kommt bei der Benotung die Ausstattung mit Tablets und interaktiven Tafeln („Smartboards") am schlechtesten weg. Hierbei sind die Leitungen von Grundschulen besonders kritisch: Für die Ausstattung mit Tablets vergeben 60,1 Prozent eine „Sechs“ – bei den interaktiven Tafeln sind dies 48,3 Prozent. Halbwegs zufrieden scheinen die Schulleitungen mit der Bereitstellung von Computern zu sein. Der Schulleiter einer Sekundarschule äußert sich im Fragebogen: „Wir hängen ca. 15 Jahre hinter der Entwicklung zurück, sollen aber die Schülerinnen und Schüler auf das Leben in einer digitalen Welt vorbereiten. Das ist unmöglich.“
Schüler bewerten schlechter als Lehrer
Auch Schüler*innen konnten die digitale Ausstattung an ihren Schulen benoten. In der Tendenz zeigt sich: Sie sehen an den gleichen Stellen Handlungsbedarf wie die Schulleiter*innen, vergeben aber noch schlechtere Noten. Besonders negativ bewerten auch sie die Ausstattung mit Tablets.
Lehrkräfte kümmern sich selbst um IT-Support: Schulleiter fordern „digitale Hausmeister“
Allein mit einer besseren Ausstattung ist es nicht getan, das wurde bei der Befragung immer wieder deutlich. Aktuell sind es häufig Lehrer*innen, die in den Schulen dafür sorgen, dass die Geräte auch funktionieren. Bei der Befragung zeigt sich, dass beinahe die Hälfte aller Schulleiter*innen angibt, dass an ihrer Schule die Lehrkräfte für Wartung und Support zuständig sind. Immer wieder fordern die Schulleiter*innen in der Befragung daher die Einführung von „digitalen Hausmeistern“. Die Leitung einer Fachoberschule in Berlin merkt auf dem ARD-Fragebogen an: „Nur durch ‚Kauf von technischem Gerät' ist noch kein digitalisierter Unterricht erreicht!“ Entscheidend sei auch der Umgang mit der Technik im Unterricht.
„Wir können nicht analog ausbilden und digital unterrichten“
Und wie steht es um die Qualifizierung der Lehrer*innen? Auch das sollte mit Schulnoten bewertet werden. Das Ergebnis deckt sich mit dem der technischen Ausstattung: Drei minus.
Oft fehle die fachdidaktische Ausbildung der Lehrkräfte mit Schwerpunkt Digitalisierung. „Natürlich obliegt es der Pflicht der Lehrkräfte sich ständig weiterzubilden, doch ein vernünftiges Angebot ist nur in den üblichen MINT-Fächern zu finden“, merkt eine*r der befragten Schulleiter*innen an. Desweiteren wird gefordert: „Lehrer sollten schon in der Lehrerausbildung mit digitalen Medien als pädagogische Werkzeuge in Berührung kommen. Wir können nicht analog ausbilden und digital unterrichten.“
Bessere Ausstattung in größeren Schulen
Neben dem Lehrer-Schüler-Vergleich ist auch der Blick auf die vergebenen Noten der Schulleitungen in Abhängigkeit der Schulgröße. Die Tendenz dabei ist eindeutig: Die besseren Noten bekommen die größeren Schulen ab einer Schülerzahl von 300 aufwärts.
Keine Detailauswertung auf Länderebene
Die erhobenen Daten zeigen einen Querschnitt durch alle Länder und Schulformen. Aufgrund von unterschiedlichen Teilnahmequoten in den einzelnen Ländern sind die Zahlen jedoch nicht untereinander vergleichbar. Auch die Daten auf einzelne Schulformen herunterzubrechen, wäre wegen der unterschiedlichen Fallzahlen nicht seriös.
Es gibt aber durchaus Tendenzen, die sich aus den Zahlen ablesen lassen. So sind die Schulleitungen von Grundschulen unzufriedener mit der Ausstattung und Infrastruktur. Demgegenüber verteilen die Schulleiter*innen von Berufsbildenden Schulen die besten Noten.
Die Datenlage: Welche Daten liegen vor, wo kommen die Daten her?
Befragt wurden bundesweit insgesamt 27.037 Schulen. Fast alle deutschen Schulen erhielten somit eine E-Mail mit einem Fragebogen. Darin wurde darum gebeten, der Ausstattung mit Tablets, interaktiven Tafeln ("Smartboards"), Computern, der Versorgung mit WLAN sowie der Ausbildung der Lehrer für digitalisierten Unterricht jeweils eine Schulnote von 1 bis 6 zu geben. Zudem wurde abgefragt, wer in den Schulen für die Wartung und Pflege der digitalen Ausstattung verantwortlich ist. Schließlich konnten alle Befragten einen Wunsch für die Digitalisierung ihrer Schule äußern. Diesen Fragebogen haben 5.259 Schulen (Stand: 29.10.2019) beantwortet. Das entspricht einer Rücklaufquote von 19,5 Prozent. Da die Beteiligung an der Umfrage nach Bundesländern schwankt, lässt sich aus den erlangten Daten kein Länder-Ranking erstellen.
Flankiert wurde diese Umfrage mit einer Online-Befragung von 508 Schüler*innen zwischen 14 und 20 Jahren in ganz Deutschland durch das Meinungsforschungsinstitut mindline im Auftrag des WDR.
Stand: 11.11.2019, 05.00 Uhr