"Mein Sohn und Humor"
Interview mit Linda Zervakis
"Mein Sohn und Humor"
Die deutsch-griechische Journalistin und "Tagesschau"-Sprecherin Linda Zervakis ist Patin der ARD-Themenwoche. Im persönlichen Gespräch verrät sie, was Glück für sie bedeutet.
![Linda Zervakis | Bildquelle: WDR/Kierok Linda Zervakis](/plounge/_mdb_generated/presselounge2012/presselounge/bilder/2013/11/Zervakis_960_256.jpg)
Linda Zervakis
© WDR/Kierok
Ist Deutschland ein glückliches Land? Oder, anders gefragt: Sind es viele Menschen in Deutschland, die immer das Unglück betonen?
Deutschland an sich neigt tatsächlich zum Pessimismus. Ich weiß nicht, welche Wolke über diesem Land hängt. Dabei geht es uns doch gut. Mein Eindruck ist: Wer sich ein bisschen in der Welt umschaut, der kommt wieder zurück und merkt, dass es gar nicht so schlecht ist. Ich war im Sommer in Griechenland und habe erlebt, dass es vielen Menschen dort wirklich dreckig geht. Trotzdem machen sie einen entspannten Eindruck. Mir scheint, dass sie von ihrer Haltung her glücklicher sind.
Ihre Eltern sind aus Griechenland nach Deutschland gekommen, haben dann gemeinsam hier lange gelebt, Familie gegründet, den Kiosk geführt. Kann man sagen, sie haben ihr Glück in Deutschland gefunden?
Ich kann das nur auf meine Mutter beziehen. Sie verbindet mit Deutschland in erster Linie sehr viel Arbeit. Auch, weil sie nach dem Tod meines Vaters mit uns Kindern und dem Kiosk alleine dastand. Meine Eltern haben immer gesagt, es sei das Wichtigste für sie, dass ihre Kinder es mal besser haben. Ich glaube, das ist für meine Mutter das Glück, was sie erfährt.
Wer wie Sie regelmäßig in einem Kiosk gearbeitet hat, dem ist wohl nichts Menschliches fremd, oder? Hat das nicht auch etwas mit ein bisschen Glück zu tun?
Als ich regelmäßig am Sonntagmorgen im Kiosk stehen musste, fand ich es natürlich nicht nur super. Insbesondere nach dem Tod meines Vaters mussten wir Kinder mitanpacken. Wenn man im Kiosk steht, hat man aber das Glück, sehr viele menschliche Facetten kennenzulernen. Heute bin ich dankbar dafür. Das war eine Schule fürs Leben, ein Grundstudium in Menschenkenntnis, was ich im Kiosk erfahren durfte.
Und jetzt kann man sie nicht mehr hinter der Ladentheke sondern am „Tagesschau“-Tisch sehen. Was wäre denn mal eine richtig gute, eine schöne Nachricht, die Sie gern verlesen würden?
Eigentlich müsste es eine Nachrichtensendung geben, die nur positive Meldungen verbreitet – dass es mehr Kinderbetreuungsplätze gibt, dass es genügend, top-ausgebildete Pflegekräfte gibt. Meine persönliche Highlight-Meldung wäre: „Wir haben einen Ersatzstoff gefunden für Plastik. Einen, der auf natürlichem Wege abbaubar ist."
Eine gute Idee. Erfinden Sie es schnell: Sie werden reich, berühmt, und Nobelpreisträgerin.
Macht ja nicht unbedingt glücklich! (lacht)
Was bedeutet denn jetzt Glück für Sie? Was ist Ihr großes Glück?
In erster Linie ist es mein Sohn. Wenn der am Tag wieder drei neue Wörter kann oder sich freut, dass Mama um die Ecke kommt: Das sind Glücksmomente. Glücklich sind auch oft die Momente, in denen man merkt, dass man mit Humor weiterkommt, selbst, wenn der andere total grantig ist. Als ich kürzlich mit einer anderen Fahrradfahrerin zusammengeknallt bin, hab ich mich erst über sie geärgert. Aber durch ihre freundliche Reaktion hat sie mir sofort den Wind aus den Segeln genommen. Mit Humor oder mit Freundlichkeit kann man viele Situationen lösen.
Wichtig sind auch Freunde und Familie. Um einen aufzufangen und um Zusammenhalt zu spüren.
Warum sind Sie Patin geworden für diese ARD-Themenwoche, „Zum Glück"?
Meine persönliche Geschichte spielt da eine Rolle. Ich komme aus einer Familie ohne großartige Beziehungen, ohne ein Umfeld, bei dem man dachte: Aus der wird garantiert noch mal irgendwas ganz Großes; ganz im Gegenteil. Es ist ein riesiges Glück, meinen Job machen zu dürfen. Ich muss mich ja selber immer noch mal kneifen, wenn ich um 20.00 Uhr zur „Tagesschau“ begrüße, eine der renommiertesten und erfolgreichsten Nachrichtensendungen Deutschlands. Ich habe nicht getrickst, bin einfach meinen Weg gegangen. Und habe mich zwischendurch vielleicht manchmal Sachen getraut, die sich nicht jeder getraut hat. Ich will zeigen, dass man auch ohne gradlinigen Lebenslauf etwas erreichen kann.
Was macht Linda Zervakis, wenn sie mal einen schlechten Tag erlebt? Gibt es da irgendwas, einen kleinen geheimen Knopf, den Sie drücken können, um den Glückspegel ein bisschen nach oben zu schrauben?
Wenn ich wirklich einen schlechten Tag hatte, dann hilft mir Sport. Ich gehe schwimmen oder mache Yoga. Musik hebt auch die Stimmung. Das muss für mich aber Gute-Laune-Musik sein. Was auch hilft ist, mit meinem Sohn einfach mal vor die Tür zu gehen, den Alltag in eine Schublade zu stecken – und einfach mal „Cut“ zu sagen.
Die Fragen stellte Sylke Blume.
Stand: 05.11.2013, 09.00 Uhr