"Sagt allen, was Ihr Euch wünscht"

Interview mit Eckart von Hirschhausen

"Sagt allen, was Ihr Euch wünscht"

Eckart von Hirschhausen beschäftigt sich schon seit Jahren mit dem Thema "Glück". Im Interview verrät der Pate der ARD-Themenwoche, was jeder von uns tun kann, um glücklicher zu werden.

Eckart von Hirschhausen

Eckart von Hirschhausen
© WDR/Kierok

Herr Dr. von Hirschhausen, warum streben wir überhaupt nach Glück?

Das ist eine große Frage! Medizinisch ist sie leichter zu beantworten als philosophisch. Glückgefühle zeigen uns an, wenn wir gerade lernen, was uns gut tut. Deshalb haben diese positiven Emotionen eine ganz wichtige Aufgabe im Gehirn, nämlich Wachstum anzustoßen, ständig dazuzulernen. Ich lerne, was schmeckt, was ich mag, was ich kann. Ich lerne, was in mir steckt. Ich lerne, über mich hinauszuwachsen. Und das ist das, was auf Dauer befriedigend ist. Es bedeutet aber auch, dass Glück biologisch abbaubar sein muss, um wieder Platz zu schaffen, für neues Glück. Glück geht vorbei – zum Glück!

Jetzt beschäftigen Sie sich schon als Experte so viele Jahre mit dem Glück und rund ums Glück. Sind Sie es nicht auch irgendwann leid?

Leid tun mir die Deutschen, denn obwohl wir eine der reichsten Nationen der Erde sind, sind wir bei der Zufriedenheit hinter Platz 25. Und umso mehr freue ich mich, als Pate der ARD-Themenwoche spannende Impulse zu setzen. Wir haben einen echten Nachholbedarf. Es muss ja nicht gleich ein Ruck durch Deutschland gehen, aber ein kleines Lächeln für eine Woche – das wär doch schon mal was. Die Chance ist einmalig, von dem Start am Sonntag bei Günther Jauch über Anke Engelke am Montag, dem Morgenmagazin, vielen kreativen Sendungen im Hörfunk bis zur großen Livesendung am Freitagabend ein Thema zu beleuchten, das unglaublich viele Dimensionen hat: von der Gesundheit über die Gesellschaft bis hin zur Politik. Glück ist gesund und ansteckend, vor allem ist am stärksten als Gemeinschaftserlebnis und deshalb geht unser Glück auch uns alle an.

Überrascht es Sie, wie viel Anklang das Thema Glück mittlerweile bei uns findet?

Wir Ärzte haben uns Jahrhunderte lang damit beschäftigt, wie Menschen krank werden. Endlich beschäftigen wir uns auch mit der Frage: Warum werden manche Leute nicht krank? Was machen die anders? Warum gibt es Leute, die schreckliche Dinge erleben, aber nicht daran zerbrechen? Manche sagen sogar: Ich bin glücklicher geworden, obwohl ich Leid erfahren habe. Dieses Phänomen untersucht die Psychologie erst in den letzten Jahren. Wir Deutschen glauben immer noch, Glück ist halt Glückssache, und ich kann dafür nix tun. Und wir erzählen unseren Kindern: Wenn eine Sternschnuppe fällt, dann darfst du dir etwas wünschen. Aber du darfst niemandem sagen, was du dir gewünscht hast, sonst geht der Wunsch nicht in Erfüllung. Was für ein Quatsch! Liebe Erwachsene: wenn eine Sternschnuppe fällt, dann freut euch, aber sagt allen, was ihr euch wünscht. Dann geht er sehr viel eher in Erfüllung.

Ist es nicht auch etwas typisch Deutsches, eher die hängenden Mundwinkel zu betonen und nicht das Lächeln im Gegenüber sehen?

Unsere Mentalität ist nicht gerade glücksfördernd. Wir sind tendenziell eine Neidgesellschaft. Wir vergleichen uns ständig mit anderen und finden es ungerecht, wie die Welt ist. Das ist sie auch. Aber sich ständig darüber aufzuregen, dass irgendjemand anders was anderes hat als ich, macht uns reihenweise krank! Glück ist eine gesellschaftliche Aufgabe.Die großen Glückskiller sind Arbeitslosigkeit, chronische Erkrankungen, große gesellschaftliche Unterschiede zwischen Arm und Reich und Unfreiheit. Die Skandinavischen Länder sind deutlich zufriedener als wir, obwohl sie mehr Steuern zahlen, weil sie ein ausgeprägteres Gemeinschaftsgefühl haben und mehr in Bildung und Gesundheit investieren. Aber vielleicht hat ja unsere grüblerische Art auch unseren Tüftlergeist hervorgebracht. Ich denke wir sind eigentlich glücklicher, als wir wissen.

Was kann denn jeder tun, um glücklicher zu sein?

Ein großer Irrtum der Achtzigerjahre war zu denken: Das Glück liegt in der Selbstverwirklichung, im Sinne von „Kreise um dich, und irgendwann bist du glücklich.“ Da kriegt man aber nur Rückenschmerzen, wenn man sich ständig mit dem eigenen Bauchnabel beschäftigt. Ich glaube, Glück besteht maßgeblich darin, sich verbunden zu fühlen: im Freundeskreis, im Kollegenkreis stabile, positive Beziehungen zu haben. Das Gefühl, gebraucht zu werden, ist ganz existenziell. Und das Sinnvollste, was man mit Geld machen kann ist, es für andere auszugeben. Ehrenamtlich Engagierte leben bis zu sieben Jahren länger. Das einfachste Glücksrezept: Wenn du wirklich etwas für dich tun willst – tu was für Andere!

Können Sie uns vielleicht schon ein ungewöhnliches, völlig verrücktes Glücksrezept verraten?

Könnte ich, aber das Thema lädt viel mehr zur Interaktion ein und deshalb interessiert mich viel mehr, welche Rezepte die anderen haben. Denn in der Liveshow „Zum Glück mit Hirschhausen" können sich alle ganz intensiv selber beteiligen. Jeder hat Glück und Unglück irgendwann in seinem Leben erfahren. An die Adresse gluecksrezepte@daserste.de kann uns jeder schon jetzt sein persönliches Glücksrezept schicken. Wir werden es lesen, beherzigen und ausprobieren. Und die besten Tipps aus ganz Deutschland kommen dann am Freitag (22.11.2013) um 20.15 Uhr an die Öffentlichkeit. Wir kitzeln die Weisheit der vielen heraus, laden Forscher ein, Prominente mit spannenden persönlichen Geschichten und am Ende hat jeder, der will ein paar praktische Rezepte, wie man Glück üben kann. Es ist einfach glücklich zu sein. Schwer ist nur einfach zu sein!

Stand: 05.11.2013, 09.00 Uhr