Nur ein Klaps auf den Po? Wenn Eltern ihre Kinder schlagen
Menschen hautnah
Nur ein Klaps auf den Po? Wenn Eltern ihre Kinder schlagen
Ein Film von Erika Fehse
Seit 15 Jahren darf in Deutschland kein Kind mehr geschlagen werden. Körperliche Bestrafungen und auch seelische Grausamkeiten sind unzulässig. Trotzdem werden in Deutschland jedes Jahr rund 1,6 Millionen Kinder heftig geschlagen. Wie viele Kinder ab und zu den berühmten Klaps auf den Po bekommen, weiß man nicht. Warum aber schlagen Eltern? Und was machen Schläge mit Kindern?

Der Alltag mit zwei kleinen Kindern ist nicht nur heiter Sonnenschein.
© WDR
„Er rennt immer weg. Und ich kann ihm das hundertmal sagen, er rennt wieder weg. Das geht einfach nicht. Wenn ich ihm versuche, zu erklären, warum er jetzt nicht weglaufen darf, und er das trotzdem dann immer wieder tut, dann kriegt er eben einen auf den Hintern.“ Katrin hat zwei Kinder, sie sind drei und ein Jahre alt. Sie sind lebhaft und anstrengend. Wenn es gar nicht mehr geht, gibt es auch mal einen Klaps auf die Finger. Das ist für Katrin keine Gewalt, sondern eine erzieherische Maßnahme. So wie Katrin denken viele.
Katrins Mann Tobias sieht das anders. Er ist als Kind von seinem Vater geprügelt worden. Er weiß, wie demütigend und verletzend das für ihn war. Er will seine Kinder nicht schlagen. Wenn es schwierig wird mit den Jungs, zieht er sich zurück. Und überlässt Katrin die Kinder. Wie schafft man es, seine Kinder nicht zu schlagen?
Gesamtschule Gelsenkirchen. Eine Sozialpädagogin spricht mit Kindern unterschiedlicher Altersgruppen über das Thema Gewalt. Wie sich heraus stellt, haben alle Kinder dort schon mal einen Klaps bekommen und alle finden, sie hätten diesen Klaps verdient. Sie sagen aber auch, dass es sie verletzt, wenn die Eltern nicht mit ihnen sprechen, sondern sie schlagen. Und dass es sie traurig macht.
Der Bielefelder Erziehungswissenschaftler Professor Holger Ziegler hat 2013 etwa 900 Kinder und Jugendliche - aber auch ihre Eltern - befragen lassen. „Die große Mehrheit der geschlagenen Kinder ist unauffällig, unsichtbar, teilweise überangepasst. Das Problem ist, dass diese Kinder insbesondere von Institutionen ganz schnell aus dem Blick geraten. Es sind eher, wenn man es ein bisschen pointiert ausdrücken will, leidende und schweigende Opfer.“
Lukas hat nicht geschwiegen. Er ist aggressiv geworden. Hat gebrüllt, andere Kinder verprügelt, seine Mutter zur Weißglut gebracht. Bis sie nach ihrer Scheidung erfuhr, dass Lukas Vater den Jungen geschlagen hat. Hinter ihrem Rücken, regelmäßig und brutal. Lukas Ausbrüche dann waren auch sein Glück. Die Mutter suchte Hilfe für ihn und hat sie bekommen: Therapie für Lukas. Die Mutter sagt heute: „In den Köpfen der Menschen müsste sich etwas ändern. Ich meine, ich habe das hier im Freundeskreis ganz, ganz oft, dass es heiß, ja eine Ohrfeige schadet doch keinem usw. Wo ich mir denke, oh doch, glaubt mir, das schadet.“
Redaktion: Britta Windhoff
Stand: 20.10.2015, 13.40 Uhr