„Wer seine Kinder liebt, der züchtigt sie….“

WDR Fernsehen

„Wer seine Kinder liebt, der züchtigt sie….“

Ein Film von Erika Fehse

Viele heute Erwachsene wurden in ihrer Kindheit ganz selbstverständlich geprügelt. „Ein paar Schläge haben noch niemandem geschadet“, hieß es dann – und von Gesetz wegen war das nicht einmal verboten.

Körperliche Züchtigung durch Lehrer war bis 1973 nicht verboten

Körperliche Züchtigung durch Lehrer war bis 1973 nicht verboten
© WDR/akg-images

Viele heute Erwachsene wurden in ihrer Kindheit ganz selbstverständlich geprügelt. „Ein paar Schläge haben noch niemandem geschadet“, hieß es dann – und von Gesetz wegen war das nicht einmal verboten.

Wer heute sein Kind schlägt, kann angezeigt und bestraft werden. Denn vor 15 Jahren – am 2. November 2000 - wurde das Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung verabschiedet. Bis dahin war es ein langer Weg, galt Prügel als übliches Erziehungsinstrument, gehörten Schläge mit Rohrstock, Teppichklopfer oder Ledergürtel in den Familien und Schulen ganz selbstverständlich zur Erziehung dazu. Die meisten Kinder und Jugendlichen sprachen nicht über das, was Eltern und Lehrer ihnen antaten. Viele Geschlagene schämten sich, andere nahmen die Prügelstrafe als "normal" hin. Kein Wunder: Noch 1968 musste das Bundesverfassungsgericht darüber verhandeln, ob die Rechte des Grundgesetzes – „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ - für Kinder überhaupt Gültigkeit haben… Erst mit den Reformbewegungen seit Ende der 60er Jahre setzte sich allmählich ein anderes Verständnis von Kindererziehung durch.

Der Film (2014 Erstsendung) begleitet drei Menschen, die zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichen Systemen massiv geprügelt worden sind. Tilman Röhrig (Jg. 46) wurde regelmäßig von seinem Vater, einem evangelischen Pfarrer, gezüchtigt. Auch bei Helga G. (Jg. 40) schauten die Nachbarn weg, wenn ihre Mutter zuschlug. In der DDR war körperliche Gewalt gegen Kinder zumindest offiziell verpönt, zwar nicht gesetzlich verboten, aber es galt: Prügel widerspricht der sozialistischen Erziehung. So hat es auch Lutz Stiller (Jg. 59) erlebt. Einigen Lehrern an seiner Schule saß die Hand recht locker. Zu Hause litt er unter den Wut- und Prügelattacken seiner überforderten Mutter, die ihre vier Kinder in Leipzig alleine großzog.

Die Prügel in der Kindheit haben alle drei geprägt – die eigene Wehrlosigkeit, die Demütigung, das Wegschauen von Nachbarn und Verwandten. Die Idee für den Film hatte Ingrid Müller-Münch, deren Buch: „Die geprügelte Generation – Kochlöffel, Rohrstock und die Folgen“ 2012 im Klett-Cotta Verlag erschienen ist.

Redaktion: Gudrun Wolter

Stand: 21.10.2015, 12.45 Uhr