Ausreise verboten – Eingesperrt in China
Menschen hautnah
Ausreise verboten – Eingesperrt in China
Ein Film von Frank Sieren

Der Film erzählt die Geschichte des Manager Nils Jennrich, der monatelang in einem Pekinger Gefängnis saß.
© WDR
Flankierend zur Berichtererstattung über den chinesischen Regimegegner und Künstler Ai Wei Wei und anlässlich seiner Ausstellung „Evidence“ in Berlin zeigt „Menschen hautnah“ den zwei Jahre währenden Kampf des deutschen Managers Nils Jennrich, der zum Opfer chinesischer Willkürjustiz wurde. "Diesmal hat es einen Deutschen erwischt. Aber in China geschieht das jeden Tag", kommentiert Al Wei Wei den Fall im WDR-Film. Für die Dokumentation konnte die WDR-Redaktion den Autor Frank Sieren, den die London Times zu den „maßgeblichen Chinakennern Deutschlands“ zählt, mit seinem exklusiven Zugang zum Protagonisten gewinnen.
Festnahme von Nils Jennrich
Jennrich wird Kunstschmuggel vorgeworfen. Er hatte als Geschäftsführer für eine große deutsche Kunstspedition in Peking gearbeitet. Eines Tages nehmen Zollbeamte den 32-Jährigen fest und behaupten, er habe Kunstwerke unterdeklariert. Doch er kennt deren Wert nicht, denn die Angaben kommen von den Kunstbesitzern. Zur Anklage kommt es nie. Jennrich sitzt trotzdem monatelang in einem Pekinger Gefängnis. Seine Zelle muss er sich mit 13 anderen Insassen teilen. In Deutschland bangen seine Eltern um ihn. Nils magert 16 Kilogramm ab. Er steht in der Rangordnung ganz unten, und muss täglich für alle die Toilette putzen. Schlaf findet er kaum, das Neonlicht wird nie gelöscht. Verwandtenbesuche sind verboten. Er darf seinen Anwalt zwar sprechen, aber mit ihm nicht über seinen Fall reden.
Freilassung
In Peking wartet währenddessen Nils chinesische Verlobte Jenny auf seine Freilassung, sie sorgt sich um seine Gesundheit und ihre gemeinsame Zukunft. Zu Hause in Flensburg wenden sich seine Eltern verzweifelt an die Öffentlichkeit - und an Politiker. Sein Bruder Finn fliegt nach China. Die deutsche Botschaft schaltet sich ein. Auf Intervention der damaligen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wird Jennrich schließlich nach 127 Tagen aus der Haft entlassen.
Ausreiseverbot
Doch frei ist Jennrich nicht. Er darf China mit seiner inzwischen schwangeren Verlobten nicht verlassen, obwohl sich beide nichts sehnlicher wünschen, als das Baby in Deutschland zu bekommen. Nils Mutter kämpft in Deutschland weiter für seine Ausreise, aber der 32-Jährige ist der chinesischen Behördenwillkür nach wie vor ausgeliefert: Er darf seine E-Mails nicht einsehen, um sich zu verteidigen, die Verhöre drehen sich im Kreis, werden seltener und hören schließlich ganz auf. Der deutsche Botschafter bekommt auf seine Briefe keine Antwort. Es herrscht Funkstille.
Nils hat keinen Job mehr, kein Geld, keine Zukunft. Der Geburtstermin seines Kindes rückt näher. In seiner Verzweiflung versucht er, illegal die chinesische Grenze zu passieren. Doch die Flucht scheitert! Wochen später heißt es plötzlich, Nils kann ausreisen. Und tatsächlich: Er darf mit seiner Verlobten zurück nach Deutschland fliegen. Für Nils Jennrich beginnt ein neues Leben.
Stand: 05.05.2014, 15.11 Uhr