Heimatabend Dortmund
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Heimatabend Dortmund
„Die Älteren sagten: ‘Guck mal, Dortmund ist kaputt.’ Und man ging davon aus, die Stadt wird hier nicht mehr aufgebaut." Ganz so schlimm, wie Hans-Eberhard Urbaniak es als Kind hörte, kam es dann doch nicht. Und so schnell lassen sich die Dortmunder nicht entmutigen.

Blick in den Signal Iduna Park in Dortmund.
© WDR/dpa/Thissen
Dortmund gleich Stahl, Kohle und Bier. So stellt sich zumindest das lieb gewonnene Klischee der westfälischen Metropole dar. Als die Stadt nach dem Krieg in Schutt und Asche lag oder „platt war“, wie man im Ruhrpott sagt, war es aber vor allem die Industrie, die ihr wieder neues Leben einhauchte. Denn trotz der zahlreichen Bombenangriffe bleiben die Hütten und Zechen betriebsbereit. Hans-Eberhard Urbaniak: "Was die Industrie angeht, gibt es ja den Spruch nach 1945: Leute, die Schlote müssen wieder rauchen. Wenn sie nicht rauchen, haben wir keine Arbeit."
Schon ein Jahr nach Kriegsende zählte Dortmund wieder 460.000 Einwohner, für die es jedoch an Wohnraum fehlte. „Zu der damaligen Zeit grassierte die Wohnungsnot, hatten wir, wo man hinschaute, noch endlos Trümmerlandschaften vor Augen“, berichtet Gerd Kolbe. Sieben Menschen lebten damals durchschnittlich in einer kleinen Wohnung.
Dass in Dortmund mehr steckte als ein grauer Industriemoloch, wurde im Laufe der 1950er Jahre wieder so richtig deutlich. Die große sportliche Tradition der Stadt wurde wiederentdeckt: Mit der Fertigstellung der Westfalenhalle kehrte das Sechstagerennen zurück in die Stadt, das sich bereits in den 1920er Jahren neben dem sportlichen Aspekt auch als Volksfest etabliert hatte. Und: Borussia Dortmund wurde in den Jahren 1956 und 1957 Deutscher Fußballmeister, was ebenfalls erheblich zum neuen Selbstbewusstsein der Stadt und ihrer Bewohner beitrug.
Als Kontrast zu den Hochöfen, den Stahl- und Walzwerken, in denen zeitweise über 40.000 Menschen schufteten, entstand im Schatten der Phönix-Hütte der Westfalenpark, der zur grünen Lunge der Stadt wurde. „Die Kinder gewaschen, gekämmt, mit weißen Kniestrümpfen, weil Sonntag war, und die kleinen Mädchen mit den Lackschühchen“, so beschreibt Uta Rotermund die Kleiderordnung für den Ausflug in den Westfalenpark, in dem 1959 auch die Bundesgartenschau stattfand, die den Imagewandel Dortmunds in den nächsten Jahren maßgeblich beeinflusste.
Mit dem Westfalenpark erhielt die Stadt gleichzeitig ein neues Wahrzeichen: den 220 Meter hohen Fernsehturm, genannt „Florian“, für einige Zeit sogar das höchste Gebäude in Westdeutschland. Es ging spürbar aufwärts, neue Autobahnen verbanden die Innenstadt mit ihren ländlichen Außenbezirken, für die am Reißbrett neue Stadtviertel geplant wurden.
Ende der 1960er Jahre erreichte das Zechensterben dann auch Dortmund. Die Ära des Steinkohlenbergbaus ging zu Ende und traf auch die Stahlindustrie. Der Strukturwandel stellt Stadt und Menschen vor neue Herausforderungen. Die Menschen, Ruhrpottler eben, nahmen diese an.
Der Umschwung: Ab 1968 werden an der Technischen Universität Dortmund Arbeiterkinder zu Akademikern ausgebildet. Die Universität zieht weitere Forschungsinstitute an, Akademien und Bundesämter kommen hinzu. Dortmund wird Wirtschafts-, Verwaltungs- und Einkaufszentrum für deutlich mehr als eine halbe Million Menschen. Und einmal ist Dortmund sogar wieder ganz oben: 1976, als die Dortmunderin Annegret Richter in Montreal die olympische Goldmedaille gewinnt.
Während die Industriestandorte zunehmend aus dem Stadtbild verschwinden, siedeln sich Firmen aus Technologie und dem Dienstleistungssektor an. Langsam vollzieht sich ein Wandel zu einem modernen Dortmund, das trotzdem stolz auf seine industrielle Geschichte ist und seine Wurzeln nicht verheimlicht.
„Heimatabend Dortmund“ zeigt den mühevollen Wiederaufbau einer völlig zerstörten, von Industrie geprägten Stadt und deren Wandel zu einer modernen Metropole. Vom „Florian“ herab wandert der Blick über die Westfalenhalle, den Westfalenpark, das einzigartige Fußballstadion, die Bürotürme und die Ruinen der industriellen Vergangenheit. Dortmund? Das sind auch die Menschen hier. Einfache, ehrliche Menschen, die in ihrer direkten Ansprache manchmal etwas forsch wirken. "Der Kontakt ist sehr schnell hier“, meint die Kabarettistin Uta Rotermund: „Die sagen Ihnen auch ziemlich direkt, was sie von Ihnen halten, und das finde ich sehr angenehm, damit kann ich umgehen."
Mit den Dortmundern: Hans-Eberhard Urbaniak, Edda Pferdekämper, Gerd Kolbe, Werner Pawlak, Uta Rotermund, Jimmy Horschler, Annegret Richter.
Sprecher: Fritz Eckenga
Ein Film von Christoph Schurian und Frank Bürgin
Stand: 24.10.2013, 09.00 Uhr