Fragen an Rosalie Thomass (Rolle: Lara Glanz)

Fragen an Rosalie Thomass (Rolle: Lara Glanz)

Lara Glanz (Rosalie Thomass) ist eine Frau, die nicht leicht einzuschätzen ist. Zunächst dominiert der Eindruck einer Einzelgängerin. Sie hat für die, die Schwächere drangsalieren, nur Verachtung übrig. Dabei kann Lara auch immer wieder sensibel und zerbrechlich wirken. Aber wenn Sie bei ihren Fällen einem Geheimnis auf der Spur ist, lässt sie sich von keiner Gefahr schrecken. Immer wieder gerät sie durch ihre Hartnäckigkeit in gefährliche Situationen, und wir müssen als Zuschauer um ihr Leben bangen. Doch gerade in Bedrängnis zeigt sie Fähigkeiten, die man ihr nicht zutraut.

© WDR/Guido Engels

Wie würden Sie Ihre Rolle in „Wäldern“ beschreiben? Und wohin führt Laras Reise?

Lara ist in meinen Augen eine stille Kriegerin. Sie hat eine Aufgabe: ihre verschwundene Nichte Magda zu finden. Nach dieser Aufgabe richtet sie alles aus – jeder Schritt gilt dieser Suche. Sie ist in ihrer zurückhaltenden Art ungemein kraftvoll – und ihr starker Gerechtigkeitssinn wird ihr schließlich fast zum Verhängnis. Lara denkt, sie suche nur ihre Nichte – dabei gerät sie auf dem Weg direkt in die Konfrontation mit ihrem eigenen, komplett verdrängten Kindheitstrauma. Sie wehrt sich dagegen, in diesen Abgrund zu sehen, wird aber durch die Suche nach Magda gezwungen, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. Ich habe das immer ein bisschen auch als Parabel begriffen: nur wenn wir selbst bereit sind, in unsere inneren Abgründe zu blicken, können wir andere Menschen wirklich sehen und erkennen.

Was ist das Besondere an dieser Geschichte?

Die Erzählung changiert im Ton zwischen einer Art dänischem Realismus und der Düsternis eines Mystery-Formats. Mich hat schon beim Lesen der Drehbücher besonders beeindruckt, wie feinsinnig die Übergänge sind zwischen der realen Welt und dieser anderen, uns unbekannten Welt, in die Lara hinabsteigen muss. „Wäldern“ verlässt sich nicht auf plumpe Effekte, sondern zeichnet eine fast psychedelische Zwischenwelt, die so haarscharf an der Realität vorbeischrabbt, dass sie eben auch einfach doch real existieren könnte. Das ist auf eine schöne Weise sehr unbehaglich.

Was macht den Reiz des Genres „Mystery“ für Sie aus?

Ich muss gestehen, dass ich erst für die Vorbereitung für „Wäldern“ wirklich in das Mystery-Game eingestiegen bin. Eigentlich ist das nicht so sehr mein favorisiertes Genre, weil ich so leicht zu erschrecken bin und schnell mal schlechte Träume bekomme nach dem Konsum von Mystery oder sogar Horror. Hierfür habe ich mir einiges angesehen, um auch nochmal zu verstehen, was im Spiel nötig ist, um das Genre zu bedienen – und habe eine ganz neue Faszination dafür entwickelt.

In „Wäldern“ geht es um eine Welt, die parallel zu der unseren existiert, nur ist sie viel düsterer.Glauben Sie an solche Parallelwelten bzw. Universen?

Solange ich es nicht widerlegen kann, würde ich sagen es kann durchaus sein, dass es Paralleluniversen gibt. In meinen Augen stehen diese Welten in unseren Filmen und Erzählungen aber ja bildlich für etwas anderes: unsere Abgründe, unsere Ängste und unsere ungelösten Traumata als Menschen. Lara muss also in diese düstere Welt hinabsteigen, um sich längst verdrängten Dingen zu stellen – nur dann kann sie frei und selbstbestimmt leben.

Was ist das Mysteriöseste, was Ihnen je passiert ist?

Ich glaube viele Menschen, die schon mal einen harten Trauerfall erlebt haben, kennen diese Momente, in denen man das Gefühl hat: jetzt hat mir die verstorbene Person einen Gruß geschickt. Eine Amsel, die mitten im dunklen Winter fröhlich vor dem Fenster singt, ein Plakat an der Litfaßsäule auf dem steht: „Alles wird gut“ im Moment tiefer Trauer. Ein DJ, der plötzlich genau dieses Lied spielt, das einen mit der Verstorbenen verbunden hat, es gibt plötzlich am ersten Todestag des Verstorbenen in der Kantine sein etwas abseitiges Leibgericht – sozusagen ein kleiner Gruß aus der Küche. Ich ordne das für mich allerdings nicht als etwas mysteriöses ein sondern eher als das was die Schriftstellerin Joan Didion so wunderbar als „magisches Denken“ bezeichnet hat.

Lara ist ihrem Heimatort „Wäldern“ zunächst allein. Wieso ist das so?

Lara ist eine Einzelgängerin, immer schon gewesen – und durch ihre lange Abwesenheit aus dem Heimatort nicht eben gut angebunden an die Leute, die Eltern längst verstorben, ihre Schwester in Haft. Lara ist ein eher in sich gekehrter Charakter, der Dinge gerne mit sich selbst ausmacht – für mich eine große spielerische Herausforderung, weil ich im echten Leben so sehr das Gegenteil bin.

Laras Schwester sitzt im Gefängnis. Wie würden Sie die Beziehung der beiden Schwestern beschreiben?

Die Beziehung zwischen Lara und Greta ist sehr konfliktreich – wie das eben manchmal so ist, mit der Familie. Greta als adoptiertes Kind sieht sich immer in Konkurrenz zu Lara, der „echten“ Tochter. Lara läuft mit diesem schlechten Gewissen herum – und hat da vielleicht auch etwas gut zu machen, das in der Vergangenheit liegt .

Auf einem dunklen Dachboden, in einem verlassenen Bunker oder in einer Kirche: Die Dreh-Schauplätze des Films wurden mit Bedacht gewählt, um die Mystik der Serie zu transportieren: Kam der besondere Flair dieser Orte bereits beim Dreh rüber?

Wo wir auch waren, es hatte für mich immer beides: einerseits etwas Düsteres, zutiefst Unbehagliches, und gleichzeitig etwas unbestimmt Heimisches. Das liegt sicherlich an Laras Beziehung zu diesen Orten: seltsam vertraut, als wäre sie dort schon mal gewesen. Und ist sie ja vielleicht auch? Einzig der Bunker, der war hart. Dort ging es wirklich niemandem aus dem Team gut. Zu bedrückend die Geschichte des Ortes – und ich war sehr berührt davon, dass wir alle von einem Guide dafür sensibilisiert wurden, wie der Bunker entstanden ist: durch Zwangsarbeiter:innen unter dem NS-Regime.

Gedreht wurde in der Eifel, im Bergischen und im Rhein-Sieg-Kreis. Wie haben Sie die Drehorte und die Menschen dort erlebt?

Es war immer ein warmes Willkommen, egal wo wir eingelaufen sind mit unserer riesigen Crew – wir wurden immer herzlich empfangen. Ich kannte die ländlicheren Gegenden außerhalb Kölns noch kaum – und bin froh, dass ich das nachholen konnte.

Stand: 22.08.2024, 09.45 Uhr