Gespräch mit Marie Leuenberger (Lina)
Gespräch mit Marie Leuenberger (Lina)
Wir für immer
11. September, 20:15 Uhr, Das Erste
Lina (Marie Leuenberger)
© WDR/Kai Schulz
Was hat sie gereizt, diese Figur zu spielen und woran lagen für Sie die Herausforderungen?
Wenn ich ein Drehbuch zum ersten Mal lese, muss ich sofort eine Verbindung zu meiner Figur spüren. Bei Lina war es toll, weil sie jede Szene bestimmt: Ihr wechselhaftes Verhalten bleibt undurchschaubar und sie dominiert das Alltagsleben ihres Sohnes. Man weiß nie, was als Nächstes bei ihr passiert. Dies zu spielen, ist als Schauspielerin ein gefundenes Fressen! Allerdings waren die Drehtage enorm anspruchsvoll, weil ja nicht chronologisch gedreht wird, und es dadurch zu einem Gefühls-Hopping wurde: Morgens musste ich lethargisch sein, mittags übermütig, nachmittags suizidgefährdet und abends liebevoll. Das hat dann doch was mit mir gemacht.
Warum halten Sie es für wichtig, diese besondere Mutter-Sohn Beziehung zu erzählen?
Ich fand das Drehbuch von Johannes und Thomas Schmid ganz außergewöhnlich und war sofort interessiert. Allerdings habe ich bei der konkreten Vorbereitung gemerkt, wie zerstörerisch die Bipolarität der Mutter für das Leben des Sohnes ist. Und bei fast jeder Szene tut mir der Sohn unglaublich leid. Selbst wenn die Mutter mal gut drauf ist, kann Jann nicht entspannen. Ich hatte Mitleid mit ihm. Aber das durfte ich beim Spielen dann natürlich nicht mehr haben. Da musste ich mit voller Brutalität für meine Lina einstehen.
Ich finde es wichtig, dass solche Filme gemacht werden. Denn die Hilflosigkeit, mit der Menschen mit manischen Zügen sich selber ausgeliefert sind, ist enorm. Sie scheinen in ihren Stimmungsschwankungen fremd bestimmt zu sein und sind dem völlig ausgeliefert. Wie schwierig das Leben für Angehörige dadurch ist, ist Thema dieses Films. Und man wünscht jedem Betroffenem eine Figur wie Selma im Leben, die wie eine Retterin erscheint.
Haben Sie sich in der Vorbereitung auf die Rolle mit dem Thema Bipolarität befasst?
Ich habe sehr viel zu diesem Thema gelesen und auch wegen der Medikation mit einer Psychiaterin gesprochen. Das war sehr aufschlussreich und hat definitiv geholfen, meine Figur besser zu verstehen und in ihren Bedürftigkeit einzuordnen. Ich warn sehr beeindruckt von meinen beiden jungen Spielpartnern: Philip Günsch und Mina-Giselle Rüffer. Das Drehbuch ist wie ein Kammerspiel für drei Personen. Und die beiden spielen das so sinnlich und zärtlich, dass man ihnen unglaublich gerne zuschaut.
Die Interviews führte Gitta Deutz
Stand: 20.08.2024, 09.45 Uhr