Ukraine – Krieg im Leben

Ukraine – Krieg im Leben

Ein Film von Vassili Golod und Ulrike Brincker

Viktoria Schkutowa (r) ist Krankenschwester in Slatyne. Der kleine Ort in der Region Charkiw ist nahezu völlig zerstört. Viktoria zeigt ARD Korrespondent Vassili Golod die Überreste ihres Hauses.
© WDR/Robin Drescher

In diesem Winter ist es viel dunkel in der Ukraine. Oft sind es nur die Auto-Scheinwerfer, die die Straßen der Hauptstadt Kiew beleuchten. Doch es ist nicht nur dunkel, sondern auch kalt. Immer wieder gibt es Explosionen. Weil Russland seit Monaten Energie-Kraftwerke beschießt, müssen viele Menschen frieren, ohne Wasser und ohne Strom auskommen.

Oleksandr ist Familienvater und in den Augen vieler Ukrainerinnen und Ukrainer ein Held. Als Elektriker sorgt er dafür, dass der Strom in der Hauptstadt Kiew gleichmäßig verteilt wird. Morgens macht er seinen kleinen Töchtern Kakao und bringt sie in den Kindergarten. „Es gibt Tage ohne Luftalarm, an denen von außen alles ganz normal scheint “, sagt Oleksandr. „Im Innern sieht es anders aus. Seit dem 24. Februar ist in meinem Leben gar nichts mehr normal.“ Als die russischen Soldaten vor einem Jahr die gesamte Ukraine überfallen und den Versuch starten Kiew einzunehmen, hat Oleksandr Angst. Nicht um sich, sondern um seine Kinder. Die Vorstellung, dass eine Rakete ihre Wohnung oder den Kindergarten treffen könnte, macht ihn hilflos. Sollte es nötig sein, sagt er, werde er auch zur Waffe greifen, um das Leben seiner Töchter zu verteidigen.

Mitten im zerstörten Charkiw, im Osten des Landes, entwirft Olha die Zukunft ihrer Heimatstadt. Ihr Architekturbüro ist das einzige in der Millionenstadt, das die Arbeit wieder aufgenommen hat. Ehrenamtlich hat Olha außerdem ein Pflegeheim für alte Menschen initiiert. Die Senioren wurden aus besetzten Gebieten evakuiert und haben teilweise schon den Zweiten Weltkrieg miterlebt. Olha hat konkrete Pläne das Gebäude auszubauen und das Altenheim auch nach Ende des Krieges weiter zu führen.

Vlada hat ihre große Liebe durch den Krieg verloren. Ihr Partner wurde bei der umkämpften Stadt Bachmut getötet. Weil ihr die Worte fehlen, schreibt sie Musik gegen den Schmerz. Und Vlada kämpft. Gemeinsam mit befreundeten Künstlerinnen und Künstlern ist sie Teil der „kulturellen Front“. Das Kollektiv will Hoffnung geben, kleine Momente schaffen, in denen der Krieg in Vergessenheit gerät. Bei ihrem Auftritt in der Nähe von Kiew ist der Saal voller Soldaten, die gerade im Fronturlaub waren. Kurz zuvor haben sie bei Bachmut gekämpft. „Die Musik ist eine gute Ablenkung“, sagt Anton. Er hat seine Familie im Westen der Ukraine ein paar Tage früher als geplant verlassen. „Ich habe gemerkt, dass der Abschied noch schwerer fallen wird, wenn ich länger bleibe.“

Es sind Geschichten aus dem Leben der Menschen, Geschichten aus dem Krieg, die ARD Korrespondent Vassili Golod erzählt. Er begibt sich auf eine Reise durch die Ukraine, die ihn auch in seine Geburtsstadt Charkiw führt, mit der ukrainischen Eisenbahn. Die ist für viele in der Ukraine zum Sinnbild geworden: Trotz der Angriffe fährt sie – und ist pünktlich. Sie hilft den Menschen zu fliehen oder ihre Liebsten wieder zu sehen. Die Bahn funktioniert, sie verbindet und sie ist immer da. Wie die Hoffnung der Menschen, auf einen Sieg und damit auf ein Leben in Freiheit.

Redaktion: Nicole Ripperda und Beate Schlanstein

Stand: 10.02.2023, 15.00 Uhr