Leben nach Butscha - Trauma und Hoffnung
Leben nach Butscha - Trauma und Hoffnung
Ein Film von Mila Teshaieva und Marcus Lenz
© WDR/Mila Teshaieva
Die drei Kleinstädte Borodjanka, Butscha und Irpin markieren die Orte, welche die russische Armee auf ihrem Eroberungsfeldzug in Richtung Kiew über Wochen besetzt hat. In den Gärten zwischen den Wohnhäusern schossen die Panzer und Scharfschützen. Flugzeuge und Raketen bombardierten die Heimat Hunderttausender. Nach einem Monat schwerster Kämpfe wurde die russischen Armee zurückgeschlagen. Kiew, die Hauptstadt der Ukraine, war zumindest vorläufig gerettet. Der brutale Preis, den Russland die Ukrainer dafür zahlen ließ, wurde am Tag nach Abzug der russischen Truppen sichtbar. Vor den Ruinen einer völlig zerstörten Stadt säumten Leichen dutzender getöteter Zivilisten die Straßenränder von Butscha.
Mila Teshaieva und Marcus Lenz sind mit der Kamera in die Region gereist. Ihr Film gibt den Menschen nach der Katastrophe eine Stimme: Wie geht es den Menschen vor Ort? Wie lebt man, im Angesicht des Grauens?
Yuri, Chef der Stadtwerke, versucht händeringend, den Menschen wenigstens Zugang zu sauberem Trinkwasser zu ermöglichen und ist neben dieser kaum zu bewältigenden Aufgabe auch noch dafür zuständig, die vielen Toten identifizieren zu lassen und unter die Erde zu bringen.
Ein Paar wird getraut, ein junges Glück, strahlend tanzend, allein in der Mitte eines Platzes, an dessen Rändern hunderte Soldaten stehen, von ihren Familien getrennt, die sie - wenn es möglich war - ins sichere Ausland gesendet haben. Verliebt und strahlend tanzt das Paar minutenlang. Und die anderen schauen ihnen selig zu.
Liudmyla sucht die Leiche ihres vor dem gemeinsam erbauten Haus erschossenen Mannes. Eigentlich hatten sie ihn in ihrem Garten begraben, doch irgendjemand hat ihn exhumiert, wohl um den Leichnam an anderer Stelle zu bestatten. Seit Tagen kann sie nun schon seinen Körper nicht finden. Neben ihrem zerstörten Haus liegt noch die Tasche eines Russen. Liudmyla packt sie aus: 12 gebrauchte Mobiltelefone sind die Beute eines Eroberungsfeldzuges.
Darrel und Waid sind amerikanische Freiwillige, die sich um die Toten von Butscha kümmern. Waid hat 5 Kinder in den USA und einen Teil seines Eigentums verkauft, um sich die Reise in die Ukraine leisten zu können. Gott hätte ihn gerufen, um an der Seite dieser Menschen zu stehen, so erzählt er.
Olenka ist die einzige Schülerin im Klassenraum der Schule Nr.1, zwei Mitschüler wurden getötet, alle anderen haben das Land verlassen. Sie vermisst das normale Leben und hofft, dass ihre Freunde zurückkommen. In diesen Tagen hält sich Olenka viel im Garten auf. Sie liebt den Kirschbaum. Überall stehen die Obstbäume jetzt in voller Pracht.
Dieser Film erzählt die Geschichten vom Leben nach den mutmaßlichen Kriegsverbrechen in Butscha und Umgebung. Geschichten von zerstörten Leben – von Grauen und Abgründen. Aber auch Geschichten von Menschlichkeit und Hoffnung – mitten im Krieg.
Redaktion: Nicole Ripperda, Britta Windhoff
Stand: 08.07.2022, 17.30 Uhr