Auf nach Almanya

Auf nach Almanya

Ein Film von Gülsel Özkan

Redaktion: Mathias Werth (WDR) und Andrea Bräu (BR)

Die deutsche Industrie fördert derzeit 400.000 Neuzuwanderungen im Jahr. So manchen erinnert das an die Gastarbeiteranwerbungen vor 60 Jahren zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei. Der Film erzählt die Geschichte der Ankunft der Frauen und Männer aus der Türkei, ihre Veränderung, und wie sie unsere heutige Gesellschaft mit entwickeln und prägen.

Kubilay Toptal (r) und Filiz Taskin am Münchner Bahnhof.
© WDR

Die deutsche Industrie fördert derzeit 400.000 Neuzuwanderungen im Jahr, um den Industriestandort Deutschland aufrechterhalten zu können. So manchen erinnert das an die Gastarbeiteranwerbungen vor 60 Jahren zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei: Im September 1961 bekamen türkische Facharbeiter und Facharbeiterinnen die Möglichkeit, sich von deutschen Unternehmen anwerben zu lassen. Zehntausende von ihnen verließen daraufhin ihre Heimat, lebten unter hygienisch fragwürdigen Bedingungen in Unterkünften, die ihnen die Arbeitgeber zur Verfügung stellten, sie arbeiteten in Berufen, für die sie entweder gar nicht oder überqualifiziert waren, und für die sich häufig keine deutschen Bewerberinnen und Bewerber finden ließen.

Die Regisseurin Gülsel Özkan zeigt in ihrer Dokumentation „Auf nach Almanya“, welche Auswirkungen die gesellschaftlichen Umbrüche in Deutschland auf die Migrantinnen und Migranten hatten. Zu geschichtlichen Meilensteinen gehören beispielsweise die Wirtschaftskrise und der spätere Anwerbestopp sowie die wechselnde wirtschaftliche und politische Situation in der Türkei.

Heute leben rund drei Millionen türkeistämmiger Menschen in Deutschland: Türken, Kurden, Armenier, Sunniten, Aleviten, Christen. Etwa die Hälfte von ihnen hat inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft. Viele sind hier geboren und aufgewachsen. Sie sind nicht mehr nur Arbeiter und Dienstleister, sondern auch Unternehmer, Politiker, Künstler, Wissenschaftler. Im Film begegnen sich Vertreterinnen und Vertreter der so genannten „Erste Generation“ mit denen der „Vierten Generation“. Protagonisten sind unter anderem der ehemalige FC Bayern-Spieler Hamit Haltintop, die Politikerin und Bundesverdienstkreuzträgerin Dr. Lale Akgün, der Bochumer Forscher Professor Onur Güntürkün, der Schriftsteller und Poet Molla Demirel, die gelernte Schneiderin Filiz Taskin und der Münchner Abiturient Kubilay Toptal.

War für die erste Generation das zentrale Motiv das der immer wieder verschobenen Rückkehr, führte die zweite Generation oft ein Leben zwischen den Stühlen – zwar in Deutschland geboren aber sich trotzdem weder zur türkischen noch zur deutschen Gesellschaft zugehörig fühlend. Während der dritten Generation alle Möglichkeiten in Bezug auf Bildung, Wachstumschancen, persönliche Freiheit offenstehen, hegen die Vertreterinnen und Vertreter der vierten Generation die Hoffnung, endlich als „normal“ und „deutsch“ zu gelten, ohne ständig nach der „Herkunft“ gefragt zu werden.

Ein unterhaltsames und differenziertes Bild der „Almancilar“ – der „Deutschländer“, der „Deutschtürken“ auf ihrem Weg zum „Türkdeutschen“. Werden sie eines Tages einfach nur „Deutsche“ sein?

Stand: 25.10.2021, 16.00 Uhr