Interview mit Autor und Regisseur Wolfgang Panzer

Meeresleuchten

Interview mit Autor und Regisseur Wolfgang Panzer

‘Meeresleuchten‘ ist ein Film über den Umgang mit dem schweren Verlust einer geliebten Person, es ist ein Film über Trauer. Aber es ist kein trauriger Film.“

Am Set vorne v.l. Hans-Peter Korff, Ulrich Tukur und Regisseur Wolfgang Panzer

Am Set vorne v.l. Hans-Peter Korff, Ulrich Tukur und Regisseur Wolfgang Panzer
© WDR

Herr Panzer, was hat Sie bewogen, diese Geschichte zu schreiben?

Ich war als junger Reporter bei der Schweizer ‚Tagesschau‘ an zwei Absturzstellen von Passagierflugzeugen (Würenlingen 1970 / Hochwald 1973) und habe dort grauenhafte Impressionen mitgenommen, die mich heute noch nicht loslassen. Vor ein paar Jahren habe ich einen Film an der Ostküste Kanadas gedreht, in der Nähe, in der sich 1998 die Katastrophe um Swissair 111 abgespielt hat. Der Flieger ist nachts ins Meer gestürzt. Jahre später habe ich dort Angehörige von Opfern kennengelernt und ihren Schmerz und ihren Umgang mit dem Verlust ihrer Angehörigen erlebt. Sie hatten auf verschiedene Weise in ein „normales“ Leben zurückgefunden, aber der Schicksalsschlag hat sie zutiefst geprägt.

Was war Ihnen bei der Umsetzung Ihrer Geschichte besonders wichtig?

„Meeresleuchten" ist ein Film über den Umgang mit dem schweren Verlust einer geliebten Person, es ist ein Film über Trauer. Aber es ist kein trauriger Film. Erzählt wird eine sehr leichte, lockere und manchmal auch witzige Geschichte, in der ein Mann versucht, mit dem plötzlichen, vollkommen unerwarteten Verschwinden seiner Tochter zurechtzukommen, die sich bei einem Flugzeugabsturz auf nimmer Wiedersehen im Meer aufgelöst hat, von Fischen gefressen. Dabei geht es mir nur um die Erzählung der Geschichte dieses Mannes, nicht darum, mich thematisch mit dem Begriff Trauer auseinanderzusetzen. Die Erzählung verzichtet auf dramatische Gefühlsausbrüche und bewegt sich scheinbar in Alltäglichem. Was unternimmt ein Mann, dem dieses Schicksal widerfahren ist? Wie kommt er mit seinem Schmerz zurecht? Wie reagiert sein Umfeld auf ihn? Indem er sein bisheriges Leben vollkommen verändert, gelingt es ihm, in ein aushaltbares Leben hineinzufinden und auch mit seiner Frau wieder zusammen zu kommen. Ohne es explizit zu erzählen, haben sich die Beiden nach dem Tod der Tochter mehr oder weniger auseinandergelebt und sind verschiedene Wege gegangen.

Wie sind Sie auf die Besetzung gekommen?

Als Zuschauer kenne ich Ulrich Tukur schon lange, zunächst vom Theater. Ich wollte immer Filme mit ihm machen und habe mich gefreut, als es vor ein paar Jahren endlich mit dem Film „Der große Kater" klappte. Neben Bruno Ganz gehörte Ulrich Tukur damals zum Hauptcast – es war eine wunderbare Zusammenarbeit. Ulrich Tukur ist ein Schauspieler, der anders als viele andere Schauspieler seine Rolle nicht erklärt, sondern sie erzählt. Er macht den Menschen, den er spielt, nacherlebbar. Die Generosität, mit der er das tut, hat mich immer fasziniert. Für meine Geschichte „Meeresleuchten" war es wichtig, einen Schauspieler mit dieser Fähigkeit zu finden. Insofern war Ulrich Tukur einfach der Ideale. Ich hatte ihn angerufen und gebeten, das Drehbuch zu lesen, und ihm gesagt, dass es mir gefallen würde, wenn er Thomas Wintersperger spielen würde.

Ursina Lardi, die Tukurs Frau spielt, hat mich schon seit ihren ersten Filmen fasziniert. Ich wollte sie schon seit Langem in einem Film besetzen. Sie war die perfekte Partnerin für Ulrich Tukur. Es hat wunderbar geklappt zwischen den beiden. Auch das Zusammenspiel von Sibel Kekilli, Kostja Ulmann, Hans Peter Korff und Bernd Michael Lade hat großes Vergnügen bereitet.

Carmen-Maja Antoni kenne ich, seit ich jung war. Sie galt damals als die junge Starschauspielerin unter der Intendanz von Benno Besson an der Volksbühne Berlin. Ich verfolge ihre Arbeit schon lange. Heute spielt sie meistens sehr komische Rollen, was ein bisschen schade ist, da sie ein enormes Potential in alle Richtungen hat und alles spielen kann. Man könnte ihr das Telefonbuch geben und sie würde es spielen, sie könnte auch meinen Hund spielen – sie ist so extrem vielseitig, dass man sie für eine große Bandbreite an Figuren besetzen kann. Und in „Meeresleuchten" hat sie wunderbar mit Ulrich Tukur gespielt.

Welche Erfahrungen machten Sie mit dem litauischen Team?

Das litauische Team war perfekt, sehr professionell, es funktionierte alles, bis ins kleinste Detail, und es hat zudem großen Spaß gemacht, mit dem Team zu drehen. Im Vergleich zu anderen Ländern ist das Drehen in Litauen einfacher, weil die Leute im Umgang mit Produktionsabläufen unkompliziert und sehr erfindungsreich sind. Die Teams sind auch viel größer als in Deutschland und jeder hat eine spezielle Aufgabe, die er eigenständig erfüllt. Das hat mir sehr geholfen. Hervorheben möchte ich die Zusammenarbeit mit dem Kameramann Ramunas Greucius. Aufgrund vieler Großproduktionen in Russland und Tschechien verfügt er über eine wahnsinnige Erfahrung. Er hatte viele Ideen, wie man bestimmte Probleme bei unserem Dreh löste, er ging sehr genau auf meine Vorgaben und Vorstellungen ein und setzte alles wunderbar um. Betonen möchte ich aber auch, dass die Zusammenarbeit mit dem Sender sehr angenehm war, was nicht bei jedem Film der Fall ist. Auch von den drei Produzenten bekam ich große Unterstützung. Insgesamt war das eine wunderbare Erfahrung.

War es eine große Herausforderung, mit dem Rottweiler zu arbeiten?

In der Vorbereitung zu diesem Film hatten wir alle ein bisschen Angst vor diesem großen Tier und davor, ob es in den Filmszenen auch wirklich so präzise agieren würde, wie wir es von ihm erwarteten. Und dann kam ein extrem professioneller Hundetrainer mit einem Hund, der nicht nur groß war, sondern sich als ein großer Schatz herausstellte, den jeder liebte und streicheln wollte. Sibel Kekilli, der der Rottweiler als Nina in dem Film gehörte, war völlig begeistert und kuschelte ständig mit ihm, wenn er am Set war. Insofern erfüllten sich glücklicherweise unsere Befürchtung und Anspannung nicht, die Szenen mit dem Hund könnten langwierig und kompliziert werden.

Interview: Gitta Deutz

Stand: 05.01.2021, 14.00 Uhr