Interview mit Kathrin Lohmann, Produzentin
Meeresleuchten
Interview mit Kathrin Lohmann, Produzentin
„Wir wollten mit unserer Besetzung die Gegensätzlichkeit der Figuren skizzieren und gleichzeitig spannende, manchmal auch überraschende Dynamiken ermöglichen.“
Kathrin Lohmann
© WDR/KJ Entertainment/Lukas Salna
Frau Lohmann, was hatte Sie überzeugt, diese Geschichte zu produzieren?
Die Geschichte beginnt mit dem wohl Schlimmsten, was man sich vorstellen kann: mit dem Verlust eines Kindes. Der Vater, ein erfolgreicher Geschäftsmann, bricht aus einem Impuls heraus komplett mit seinem bisherigen Leben und lässt sich in einem kleinen Ort am Meer nieder, wo das Unglück geschah, um sich seiner Tochter nah zu fühlen. Durch seine Anwesenheit bekommt dieses kleine Dorf wieder ein neues Leben und seine Bewohner eine neue Perspektive für ihr eigenes Leben. Diese menschlichen Dynamiken und Verknüpfungen in dieser ungewöhnlichen und leisen Geschichte hatten mich sehr berührt.
Worauf legten Sie Ihr Augenmerk bei der Besetzung dieses Films?
Diese Menschen aus dem Dorf Maalsund haben sehr unterschiedliche Lebenswege hinter sich und das musste sich auch in der Besetzung widerspiegeln. Da ist der Großstädter Thomas, die kauzige Rena, die Tänzerin Nina, der Lebenskünstler Matti. Oder Max, der Kriegsveteran. Sie alle haben auf dem ersten Blick nicht viel gemein, werden aber am Ende doch zu einer Schicksalsgemeinschaft. Wir wollten mit unserer Besetzung die Gegensätzlichkeit der Figuren skizzieren und gleichzeitig spannende, manchmal auch überraschende Dynamiken ermöglichen.
Wie sind Sie bei der Suche nach dem hochkarätigen Cast vorgegangen?
Ulrich Tukur stand von Anfang an fest, ihn hatte unser Regisseur Wolfgang Panzer schon beim Schreiben vor Augen für die Rolle Thomas. Tukur schafft es eindrucksvoll, einen Vater in seinem tiefen Schmerz ohne Pathos zu zeichnen, der trotz des großen Verlustes weiterleben muss. Ursina Lardi verkörpert seine Frau Sonja, die durch ihren Schmerz völlig verstummt und nur noch funktioniert in ihrer gewohnten Welt. Ursina Lardi und Ulrich Tukur spielen ein sehr glaubwürdig eingespieltes, vertrautes Paar. Sie schwingen irgendwie auf einer Welle. Das spürt man.
Sibel Kekilli ist die perfekte Tänzerin Nina. Sie gibt ihr ein Gefühl von Fremdheit, auch etwas Sehnsuchtsvolles, man kann sie nicht ganz greifen. Sie fühlt sich nicht richtig zugehörig, aber trotzdem hängt sie an ihrer Heimat, diesem kleinen Dorf. Kostja Ullmann verkörpert den Lebenskünstler Matti mit viel Charme. Er gibt ihm etwas Raues und gleichzeitig Verletzliches.
Die großartige Carmen Maja-Antoni ist Rena, eine tapfere humorvolle Frau aus dem Dorf, die selber einen großen Verlust erlitten hat, das verbindet sie mit Thomas. In den großen Augen von Carmen zeigt sich all das.
Marie Schöneburg ist Wiebke, die resolute, herzliche Wirtin, die Thomas zeigt, wie das Leben im Dorf funktioniert. Sie ist das Herzstück des Dorfes. Marie Schöneberg bringt eine ganz eigene Farbe in dieses Ensemble.
Hans-Peter Korff war ein Glücksfall für Max, den Kriegsveteran. Er gibt der Rolle eine jugendliche Verschmitztheit und trotzdem eine Altersweisheit.
Für Sie war es die erste Zusammenarbeit mit Wolfgang Panzer. Wie haben Sie ihn erlebt?
Ich war beeindruckt von Wolfgangs Arbeitsstil: souverän, ruhig, eine klare Vision des Films und jeder Szene im Kopf, dabei immer offen für Input. Das war ein sehr angenehmes Arbeiten, die Stimmung am Set war heiter.
Bedeutete die Finanzierung eine große Herausforderung angesichts des hochkarätigen Casts, der großen Bilder und des aufwändigen Drehs?
Die Finanzierung des Films war komplex. Wir hatten mit dem WDR einen tollen Partner gefunden, aber unser avisiertes Budget sprengte den für einen Fernsehfilm üblichen Finanzierungsrahmen. Wir hatten den Film ursprünglich als Kinofilm geplant. Wolfgang Panzer hatte in großen Bildern gedacht und so auch das Drehbuch entsprechend angelegt. Wir wollten das Budget auf keinen Fall auf Kosten der Bilder und unserem gewünschten Cast kürzen, auch nicht für einen Fernsehfilm. Wir haben deshalb entschieden, in Litauen zu drehen und von unserer Seite noch Eigenmittel dazuzugeben. Diese Entscheidung brauchte aber auch einen Partner, der diesen eher ungewöhnlichen Produktionsweg für einen deutschen Fernsehfilm mitgeht. An dieser Stelle noch einmal einen herzlichen Dank an die Redaktion und der Herstellungsleitung des WDR! Es war eine tolle Zusammenarbeit und eine wunderbare Zeit in Litauen. Ich denke für alle Beteiligten.
Interview: Gitta Deutz
Stand: 05.01.2021, 14.00 Uhr