Streitfall Sterbehilfe – Wer bestimmt über mein Ende?

Streitfall Sterbehilfe – Wer bestimmt über mein Ende?

Ein Film von Erika Fehse

Streitfall Sterbehilfe

Harald Mayer hat MS mit ungewöhnlich schwerem Verlauf.
© WDR

Hilfe zum Suizid – das wünschen sich einige Schwerstkranke, die ihr Leid nicht mehr ertragen können. Doch seit 2015 – nach langwierigen Diskussionen – der Paragraph 217 verabschiedet wurde, ist „geschäftsmäßige“ Förderung der Selbsttötung strafbar. Bis zu drei Jahre Haft drohen. Welche Folgen hat das Gesetz für unheilbar Kranke, aber auch für Ärzte, die verunsichert sind, wie weit sie in der Begleitung ihrer Patienten gehen dürfen?

Der Film von Erika Fehse begleitet über ein Jahr lang zwei Schwerstkranke, die sich für den Fall des Falles einen „Notausgang“ wünschen. Zu Wort kommen Palliativmediziner, die sich für und gegen die Hilfe zum Suizid aussprechen, Ethiker und Kirchenvertreter sowie Anwälte, die für Patientenrechte und Autonomie am Lebensende streiten.

Heftiger Streit um Paragraf 217

Um den § 217 wird heftig gestritten: Ein erfolgreiches Gesetz, sagen die einen, denn Sterbehilfevereine mussten ihre Tätigkeit in Deutschland einstellen. Ein unnötiges, schlecht gemachtes Gesetz, sagen die anderen, denn es untergrabe das vertrauensvolle Arzt-Patienten-Verhältnis in einer hoch sensiblen Situation.

Einige Ärzte befürchten, dass aus Angst vor möglichen Schwierigkeiten, Patienten bei schwerstem Leid nicht mehr die Betäubungsmittel auf Vorrat erhalten, die sie brauchen. Denn die könne man auch zum Suizid verwenden.

Die Befürworter des neu geschaffenen Paragrafen kämpfen dafür, die palliativmedizinische Versorgung weiter auszubauen. Sie sehen in der Forderung nach Selbstbestimmung am Lebensende eine Gefahr. Kranke und alte Menschen könnten sich unter Druck gesetzt fühlen, „freiwillig“ aus dem Leben zu scheiden, um niemandem zur Last zu fallen.

Als im März 2017 das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in letzter Instanz entschied, dass der Staat Patienten in allergrößter Not ein Mittel zur Selbsttötung nicht verweigern dürfe, verhärteten sich erneut die Fronten. Entsetzen auf der einen, Hoffnung auf der anderen Seite. Über 120 Schwerstkranke beantragten beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn das Betäubungsmittel Natrium-Pentobarbital. Auch Harald Mayer, den Autorin Erika Fehse ein Jahr lang mit der Kamera begleitet hat. Von ihm und den anderen Betroffenen forderte das BfArM zunächst unterschiedlichste Gutachten. Dann verhinderte das Bundesgesundheitsministerium die Herausgabe des Mittels. Es könne „nicht Aufgabe des Staates sein, Selbsttötungshandlungen… aktiv zu unterstützen.“

Ärzte, Schwerstkranke und Sterbehilfevereine haben beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde gegen den Paragraphen 217 eingelegt. Die Fronten sind abgesteckt. Nun warten alle auf die Entscheidung des Gerichtes noch in diesem Jahr. Wie weit geht unser Selbstbestimmungsrecht? Gibt es ein Grundrecht auf ein selbstbestimmtes Ende?


Redaktion: Christiane Mausbach

Stand: 17.09.2019, 11.00 Uhr