Kinderfolter - Sexuelle Gewalt in organisierten und rituellen Gruppen

Dok 5 - Das Feature

Kinderfolter - Sexuelle Gewalt in organisierten und rituellen Gruppen

von Beate Hinrichs

Kinder, die in Sekten jahrelang ausgebeutet werden, für Rituale, für sogenannte Kinderpornographie und -prostitution, ohne dass es jemand merkt - das klingt wie ein Verschwörungsmythos. Doch was Überlebende berichten, hält die Autorin aus vielerlei Gründen für glaubhaft.

Körnige schwarzweiß Fotografie einer Hand hinter einer milchigen Glasscheibe

© Richard Brocken/HH/laif

"Die Trennung zwischen der normalen Welt und der gewalttätigen Welt, die war komplett", sagt Melanie Roth. Seit frühester Kindheit wurde sie von den Mitgliedern und Kund:innen einer organisierten Gruppe systematisch körperlich, sexuell und seelisch schwer misshandelt. Wie können Betroffene das aushalten und auf den ersten Blick unauffällige Kinder und Jugendliche sein? Ihr Bewusstsein hat - ausgelöst durch Folter und Todesangst - das Unaushaltbare abgespalten und es in etlichen separaten Persönlichkeitsanteilen gespeichert. Ein psychischer Überlebensmechanismus, medizinisch als dissoziative Identitätsstörung (DIS) bezeichnet.

Der Fonds Sexueller Missbrauch zählte in den vergangenen Jahren mehrere Hundert Hilfeersuchen. Doch nur sehr wenige Betroffene erstatten Anzeige gegen ihre Peiniger:innen. Ein strafrechtlicher Beweis für die Verbrechen organisierter und ritueller Gruppen in Deutschland fehlt bisher - auch weil für den Tatbestand des Missbrauchs der Kontext erst einmal sekundär ist und Opfer mit einer dissoziativen Identitätsstörung keine einfachen Zeuginnen sind. Mittlerweile werden die Hinweise vom Berliner Familienministerium ernst genommen. Schon die pädosexuellen Netzwerke von Lügde, Bergisch Gladbach und Münster haben gezeigt: Es gibt Gewalt, die lange jenseits der Vorstellungskraft der meisten Menschen lag.

Redaktion: Thomas Nachtigall
Produktion: WDR 2021

Stand: 11.10.2021, 09.00 Uhr