„Fürsorgliche Gewalt“ – Von den Abgründen häuslicher Pflege

das ARD radiofeature im Februar

„Fürsorgliche Gewalt“ – Von den Abgründen häuslicher Pflege

Über Gewalt in Heimen reden alle - was aber geschieht in den eigenen vier Wänden? Die meisten pflegebedürftigen Alten werden in Deutschland nicht in Heimen, sondern zu Hause von Angehörigen versorgt. Das ist erklärter Wille der Politik.

ARD radiofeature

das ARD radiofeature „Fürsorgliche Gewalt“
© WDR/leitwerk

Einen Elternteil oder Partner kann angeblich jeder pflegen. Aber kaum einer, der in der häuslichen Pflege Gewalt anwendet, wird dafür zur Rechen­schaft gezogen. Ärzte unterschreiben bei Hochbetagten Toten­scheine, ohne genau hinzusehen. Wo endet Fürsorge, wo beginnt der Teufelskreis von Überforderung, Verzweiflung und Gewalt? Diesen und anderen Fragen geht Autor Günter Beyer in seinem ARD radiofeature „Fürsorgliche Gewalt“ nach. Zu hören ist das Radio-Feature ab kommenden Mittwoch in sieben Wort- und Kulturwellen der ARD; den Auftakt macht SWR 2 am 19. Februar um 22.05 Uhr. Im Internet steht das Feature unter www.radiofeature.ard.de ebenfalls ab 19. Februar zur Verfügung.

Aus Angst vor dem Heim "fährt man sich lieber Vollgas zu Hause an die Wand", beobachtet die Leiterin eines ambulanten Pflege­dienstes. Jahrelang hat ein arbeitsloser Musiker seine fast blinde Mutter gepflegt. Dann erstickt er die 82-Jährige. "Ich sehe mich nicht als Kriminellen", rechtfertigt er sich vor Gericht. Er habe nur eine "grauenvolle Situation" beenden wollen. Gewalt in der häuslichen Pflege hat viele Gesichter. Wenn der Rentner Hans B. die Wohnung verlässt, stellt er die Klingel ab und verbietet seiner demenzkranken Frau, ans Telefon zu gehen. Die verwirrte Ilse N. ist vom Amtsgericht entmündigt worden. Alle Entscheidungen trifft nun Erich, ihr Mann. "Eigentlich ist das auch eine subtile Form von Gewalt", sagt der.

Gut gemeinte häusliche Pflege stößt rasch an ihre Grenzen. Zum Beispiel gegenüber Demenzkranken, die ihre Aggressionen mit Schreien, Beißen oder Schlagen ausdrücken. Bei Kranken, an denen vernünftige Argumente längst abperlen und die die Geduld pflegender Angehöriger mit Beschimpfungen strapazieren. "Du Arschloch!" und "Halt die Schnauze!" hat Erich N. von seiner kranken Frau -zig Mal am Tag anhören müssen. Wer pflegt, muss einstecken können.

Der Autor:
Günter Beyer lebt in Bremen und arbeitet als freier Journalist für Radio und Zeitungen. Seine Features wurden unter anderem mit dem Deutsch-Französischen Journalistenpreis, dem Publizistikpreis der GlaxoSmithKline-Stiftung und dem Preis des Deutschen Kulturrates ausgezeichnet.

SWR 2 - Mittwoch, 19. Februar,22.05 Uhr

SR 2 - Samstag, 22. Februar, 09.05 Uhr

BR 2 - Samstag, 22. Februar, 13.05 Uhr

Nordwestradio (RB) - Sonntag, 23. Februar, 09.05 Uhr

NDR info - Sonntag, 23. Februar, 11.05 Uhr

WDR 5 - Sonntag, 23. Februar, 11.05 Uhr

hr 2-Kultur - Sonntag, 23. Februar, 18.05 Uhr

Stand: 11.02.2014, 13.00 Uhr