WADA bestätigt Echtheit der zugespielten Moskauer Labordatenbank - Dopingbeweise gegen Russland erhärten sich weiter

ARD/WDR-Dopingredaktion

WADA bestätigt Echtheit der zugespielten Moskauer Labordatenbank - Dopingbeweise gegen Russland erhärten sich weiter

Angaben zu Tests russischer Athleten aus einer Datenbank des Moskauer Kontrolllabors, die der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) seit Oktober vorliegen, decken sich nach Informationen der ARD/WDR-Dopingredaktion mit den von Kronzeuge Grigory Rodchenkov vorgelegten Hinweisen zur Manipulation von Proben. Mit der Bestätigung durch die WADA wächst der Druck auf die Verantwortlichen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), das für Dienstagabend die Entscheidung über eine Teilnahme Russlands bei den Olympischen Winterspielen in Südkorea angekündigt hat. Die Sportschau im Ersten sendet am Sonntag (3.12., 18 Uhr) eine Reportage der Autoren Hajo Seppelt, Olaf Lippegaus und Sebastian Münster zu dem Thema.

WADA-Chefermittler Günther Younger teilte auf ARD/WDR-Anfrage mit: „Wir haben die forensische Untersuchung abgeschlossen und können jetzt die Echtheit der Datenbank bestätigen. Der Inhalt scheint die Behauptungen von Whistleblower Rodchenkov zu bestätigen, dass mehrere Jahre lang - von 2012 bis 2015 - Maßnahmen erfolgten, um mutmaßlich gedopte russische Athleten zu schützen. Die Ermittlungen werden fortgesetzt.“ Die neuen Indizien könnten nun im Vorfeld der Olympischen Winterspiele in Südkorea im kommenden Februar zu weiteren Sanktionen gegen russische Athleten führen. Günther Younger: „Das wird unsere Priorität sein, sobald wir tatsächlich auch Athleten haben die wir verfolgen können, wird natürlich der Wintersport an oberster Priorität stehen. Damit die bei Olympia nicht teilnehmen können.“

Die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA bestätigt die Echtheit der zugespielten Moskauer Labordatenbank
© dpa

Sportrechtler Vedder: Suspendierung der Russen „eindeutig“ möglich

Am kommenden Dienstag kommt die IOC-Exekutive in Lausanne zusammen, um über die Sanktion gegen Russland zu entscheiden. Einen von zahlreichen nationalen Anti-Doping-Agenturen Komplettausschluss des russischen Nationalen Olympischen Komitees hat der deutsche IOC-Präsident Thomas Bach bereits vor den Spielen in Rio 2016 nicht befürwortet – unter anderem mit dem Argument, dass es keine Belege für eine Mitverantwortung des russischen NOK gebe.

Dieser Argumentation widerspricht der Münchner Sportrechtler Christoph Vedder gegenüber der Sportschau mit einem Verweis auf die Olympische Charta: „Es gibt eine eigene Verantwortung des Nationalen Olympischen Komitees: Nämlich dafür zu sorgen, dass der WADA-Code in seinem Land durchgesetzt ist. Und daran fehlt es offenkundig.“ Deshalb, so Vedder, sei eine Suspendierung des NOK – und damit ein Ausschluss der Russen von den Spielen in Pyeongchang – nach der Charta möglich. „Ja, eindeutig. Das IOC hat als leitende Institution der Olympischen Bewegung die Möglichkeit, Sanktionen gegen die Teile der Olympischen Bewegung – und das sind die NOKs – zu verhängen. Die Suspendierung – und das heißt die vorläufige Aussetzung aller Aktivitäten im olympischen Bereich; das heißt auch Nicht-Teilnahme an den nächsten olympischen Spielen – ist die regelmäßig vorgesehene Sanktion“, so Vedder weiter.

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Deutsche Athletensprecherin fordert „rigoroses Durchgreifen“

Für die deutschen Athleten wäre es eine Farce, würden die Russen mit einer Geldstrafe davonkommen, so Silke Kassner, stellvertretende Vorsitzende der Athletenkommission des Deutschen Olympischen Sportbunds und Mitbegründerin der neuen Sportlerorganisation „Athleten Deutschland“. Sie sagt, der Welt-Leichtathletikverband habe mit der Suspendierung des russischen Verbandes einen guten Weg eingeschlagen, den sie nun auch vom IOC erwarte. Silke Kassner: „Bis auf weiteres sollte die Russische Föderation ausgeschlossen werden. Vor dem Hintergrund der kriminellen Energie muss man ein Zeichen setzen. Wir haben uns alle zum Welt-Anti-Doping-Code bekannt, und ich kann keinem Athleten in Deutschland erklären, warum hier nicht rigoros durchgegriffen wird.“

Dem Start nachweislich unabhängig getesteter und sauberer russischer Athleten unter neutraler Flagge bei den Winterspielen in Pyeongchang steht die deutsche Athletensprecherin aber offen gegenüber: „Das ist ja in Ordnung, wenn Athleten nachweisen können, dass sie getestet wurden, und das auch belegt und transparent ist für diejenigen, die eine Startberechtigung geben für einen internationalen Wettkampf und das ist kein Kompromiss, sondern wirklich eine Lösung, um jeden Athleten dann auch die Möglichkeit zu geben, am Wettkampf teilzunehmen“, so Kassner gegenüber der Sportschau.

Stand: 03.12.2017, 11.00 Uhr